Fallschirmspringen auf See - „Quantum of the Seas“ legt ab

Southampton (dpa/tmn) - Die „Quantum of the Seas“ ist das größte je in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff. Neben Attraktionen wie simuliertem Fallschirmspringen und Autoscooter will es mit vielen Neuerungen punkten - etwa mit einem ganz besonderen Barkeeper.

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Ist das die Gastronomie der Zukunft? „Cuba Libre“, tippt der Gast in einen Tablet-PC. „Noch fünf Cocktails vor Ihnen“, erscheint auf einem großen Bildschirm. Nach kurzem Warten setzt sich der Roboterarm in Bewegung. Auf den Milliliter genau zapft er sich aus an der Decke hängenden Flaschen die Zutaten des Cocktails ab. Kräftig mixen, schon fährt ein Becher herbei, fertig ist der Drink. Ob das, was Passagiere auf dem neuen Kreuzfahrtschiff „Quantum of the Seas“ in der „Bionic Bar“ geboten kriegen, nun wirklich die Zukunft der Gastronomie ist, weiß niemand. Wahrscheinlich ist ein Greifarm als Barkeeper einfach ein nettes Spielzeug, das bei der Premierenfahrt allerdings viele Blicke auf sich zog.

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Echten Nutzen für die Passagiere verspricht sich die Reederei Royal Caribbean dagegen von anderen technischen Neuerungen, die erstmals auf der „Quantum of the Seas“ zum Einsatz kommen. Zum Beispiel kann der Gast bereits von zu Hause aus einchecken. Am Hafen wird dann nur noch ein Strichcode eingescannt, und schon ist man auf dem Schiff. Höchstens zehn Minuten dauere somit das An-Bord-Gehen, verspricht die Reederei. Bei der ersten Fahrt funktionierte das System zwar noch nicht immer reibungslos, teilweise waren Passagiere nicht im Computersystem zu finden. Doch solche Kinderkrankheiten gehören bei neuen Schiffen dazu.

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Ebenfalls neu ist, dass Passagiere jederzeit verfolgen können, wo sich ihr Gepäck beim Einsteigen befindet. Eine App hat die entsprechenden Infos, die Internetverbindung soll schnelles WLAN ermöglichen, auch wenn das nach wie vor kein Schnäppchen ist. Über die App lassen sich auch Sitzplätze in den Restaurants, Anwendungen im Spa oder andere Freizeitaktivitäten buchen.

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Davon hat die „Quantum of the Seas“ wahrlich reichlich zu bieten. Das Schiff ist - wie bei so vielen anderen Schiffen amerikanischer Reedereien - das eigentliche Ziel der Reise: Die Fahrtroute und die angelaufenen Häfen interessieren meist weniger. Hauptsache, die Freizeitangebote an Bord stimmen.

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Highlight auf dem neuen Schiff ist sicher der nach Angaben der Reederei einzige Fallschirmsimulator an Bord eines Kreuzfahrtschiffs. Ripcord heißt der Spaß. Eingepackt in einen blauen Overall und ausgerüstet mit einem Helm, Ohrstöpseln und Brille geht es in den senkrechten Windkanal. Ein überdimensionales Gebläse im Boden sorgt für den Auftrieb. Beine leicht gespreizt etwas anwinkeln, Arme nach vorne strecken - und schon fliegt man. Zunächst alles noch relativ nahe am Boden und von den Trainern stabilisiert, doch dann mit Hilfe der Profis einige Meter hoch, schnell um die eigene Achse rotierend. Nach einer guten Minute ist alles schon wieder vorbei. Etwas zittrig sind die Beine und die Backenmuskeln vom Wind gut durchmassiert.

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Direkt nebenan gibt es eine künstliche Surfwelle, eine Kletterwand und in der Freizeithalle Seaplex Autoscooter, eine Rollschuhbahn und eine Zirkusschule - Fliegen am Trapez inklusive. Von außen am sichtbarsten ist jedoch North Star, eine an einem Hydraulikarm befestigte Glaskapsel. Rund 15 Minuten dauert der Flug darin bis hinauf auf 90 Meter über dem Meer. So bieten sich spektakuläre Perspektiven auf das Schiff, die man so wohl noch nie hatte. Nur Höhenangst darf man dafür nicht haben. Musikalische Höhenflüge verspricht das Musical „Mamma Mia“, das vom Broadway aufs Schiff kommt.

Bis zu 4180 Gäste fasst das Schiff - im Vergleich zu den Vorgängern „Oasis of the Seas“ und „Anthem of the Seas“ ist das fast klein. Für Deutschland ist es jedoch ein Rekord: Noch nie wurde hierzulande ein größeres Kreuzfahrtschiff gebaut. Ein Riese ist es so oder so. Dabei merkt man das gar nicht wirklich, wenn man über das Schiff läuft. Erst das Treppenhaus zeigt die wahren Dimensionen. Zehn Decks geht der Blick aus den gläsernen Fahrstühlen nach unten, ein Treppenabsatz aus Glas gibt den Blick in die Tiefe frei.

Was bei anderen Reedereien längst Standard ist, führt nun auch Royal Caribbean ein: ein flexibles System beim Essen, keine festen Sitzungen mehr, keine zugewiesenen Plätze, kein riesiges Hauptrestaurant. „Dynamic Dining“ haben die Macher das Konzept getauft, das nun teilweise auch auf andere Schiffe der Reederei übertragen werden soll. Fünf Bedien-Restaurants mit unterschiedlichen Stilen sind im Reisepreis eingeschlossen, dazu kommen kostenpflichtige Spezialitätenrestaurants, wie zum Beispiel „Jamie's Italian“ von Starkoch Jamie Oliver oder das Lokal „Devinly Decadance“ von Devin Alexander. Daneben gibt es Bistros und Cafés, die teilweise bis in die frühen Morgenstunden geöffnet haben.

Ein Wermutstropfen bleibt: Deutsche Urlauber müssen eine weite Anreise in Kauf nehmen, um auf die „Quantum of the Seas“ zu kommen. Im bevorstehenden Winter legt das Schiff in New York zu siebentägigen Fahrten in die Karibik ab. Ab Juni 2015 geht es dann nach Asien. Dort werden unter anderem Schanghai, Südkorea und Japan angelaufen.