Herbst auf Capri: Besuch in der Blauen Grotte
Capri (dpa/tmn) - Die Möwe auf der Markise ist ganz aufgeregt - unter ihr sitzen Gäste mit Keksen. Im Oktober ist auf Capri die Aussicht auf Krümel etwas Besonderes, nur noch wenige Touristen kommen.
Dabei ist die Herbstzeit auf der Insel im Golf von Neapel die schönste Saison des Jahres.
Dann zeigt der Himmel ein tiefes Blau, es ist um 25 Grad warm, und im Meer lässt sich noch schwimmen. Die Feigen glänzen, die Oliven reifen, Wein hängt in dicken Trauben von den Pergolen. Capri, ohnehin eine Insel für die Sinne, scheint im Herbst noch einmal alles zu geben.
Auf Capri muss man gut zu Fuß sein. Die Wege führen nie geradeaus, aber abwechslungsreich durch Steineichenwälder und Buschlandschaften. Von den Kalkfelsen reicht der Blick nach Ischia, zum Festland und auf das weite Tyrrhenische Meer. Der schönste Weg der Insel, die Via Krupp von 1902, verläuft im Zickzack von den Gärten des Augustus hinunter nach Marina Piccola.
Auf den höchsten Berg, den Monte Solaro mit seinen 589 Metern im Süden der Insel, führt über Privatgärten am Hang hinweg eine lustige kleine Seilbahn. Im Herbst ist der Gipfel öfter wolkenumhangen, die Temperatur dann dort schnell 10 Grad niedriger als an der Talstation. Aber wenn oben die Sonne scheint, gibt es keinen schöneren Ort.
Auf Capri wohnten viele schillernde Persönlichkeiten, etwa der Kaiser Tiberius. Im ersten Jahrhundert nach Christus hat er in der Villa Jovis - heute eine Ruine - gelebt, und angeblich in Ungnade gefallene Lustknaben über die nahen Klippen springen lassen. Der schwedische Arzt, Tierschützer und Schriftsteller Axel Munthe baute Ende des 19. Jahrhundert seine Villa San Michele in der Nähe. Das Haus zieht heute viele Besucher an.
Der eigentliche Magnet von Capri aber ist die Blaue Grotte. Dabei gibt es 65 andere Grotten auf der Insel, etwa die Grotta Meravigliosa (Wunderbare Grotte) oder die Grotta del Bove Marino (Grotte der Seekuh). Einige sind vom Meer aus zu erreichen, andere über steile Treppen. Die Blaue Grotte ist nur durch ein rund 1,5 Meter hohes Loch zugänglich und war in der Antike ein Nymphäum. Von der Marina Grande starten die Ausflugsschiffe, es herrscht Andrang. Spätestens im Dunkeln, auf milchig-hellblauem Wasser schwebend, ist dann vergessen, dass eigentlich zu viele Menschen das Spektakel mit einem teilen.
Capri ist eine gute Adresse für Gourmets. Der Abend startet auf der Piazetta, offiziell Piazza Umberto I. In den Cafes dort werden zum Aperitif immer mindestens drei Snacks gereicht. Dicke grüne Oliven, Salzmandeln und Taralli - salzige Pizzagebäck-Kringel etwa. Die Gäste nippen am Wein oder Aperol und begutachten die Passanten. Das Ganze ist so gemütlich, dass so mancher gleich für Stunden sitzenbleibt.
Zu den angesagten Restaurants Capris gehört „Da Paolino“. Hier wird auch der angeblich beste Limoncello - eisgekühlter Zitronenlikör - der Insel serviert. Ein weiteres Promi-Lokal ist das „La Capannina“ in der Ortsmitte, in dem auch schon Giorgio Armani und Marcello Mastroianni zu Gast waren. Am Wasser vor den berühmten Steinfelsen Faraglioni liegt das „La Fontelina“, in dem bester gegrillter Fisch gereicht wird.
Berühmtheiten kommen eher in der Saison, aber das schon seit Jahrzehnten. Einst kamen Liz Taylor, Brigitte Bardot und Kirk Douglas, heute erholen sich Julia Roberts oder Demi Moore auf Capri. Und Reiche aus Russland und den arabischen Ländern. Daher reihen sich in der berühmten Via Camerelle die Geschäfte der großen Juweliere und Designer aneinander.
Hotels mit großen Namen sind das „Grand Hotel Quisisana“ im Dorfkern, das elegante „Punta Tragara“ am Ende der Via Tragara mit Blick auf die Faraglioni und in Anacapri das „Capri Palace“ mit seiner Sterneküche. Aber es gibt überall gute Trattorien, die hausgemachte Pasta und frischen Fisch reichen. Und auch die einfacheren Hotels sind überwiegend liebevoll ausgestattet.
Nur die letzten Tage der Saison eignen sich nicht gut für einen Urlaub auf Capri. Die Restaurants sammeln die Außenbestuhlung ein, an den Stränden finden sich keine Liegen mehr, und die Boutiquen schließen peu à peu. Der langsame Exodus der Händler Ende Oktober markiert den Beginn des Winters auf Capri. Zeit zu gehen. Und die Möwe muss sich dann wohl mal einen Fisch suchen.