Südafrika In Südafrikas grünem Garten

Über 750 Kilometer erstreckt sich die Garden Route von Kapstadt bis Port Elizabeth mit schroffen Bergen, Steilküsten, weißen Stränden und grünen Landschaften. Den Namen gaben ihr die ersten Siedler.

Foto: Lars Lenssen

Ein paar Wolken verhängen die Bergspitzen, die weit entfernt bizarr in den Himmel ragen, davor erstreckt sich scheinbar endlos das satte Grün der Landschaft. Es ist Farmland, hindurch schlängeln sich staubig braune Schotterpisten. Auf ihnen rumpeln noch staubigere Autos, auf den Ladeflächen der Geländewagen sitzen dicht gedrängt die Arbeiter, knatternde Mopeds sind viel zu schwer beladen. Mit einem Geländewagen führt die Tour entlang Südafrikas Garden Route, die genau das ist, was ihr Name verspricht: den Garten des Landes. Obstplantagen, soweit das Auge reicht.

Foto: Addo Elephant National Park

Süßer Duft von reifen Früchten hängt in der Luft. Dennoch hat die Bezeichnung Garden Route eher eine historische Bedeutung als die eines Paradieses aus farbenfroh blühenden Blumen. Die ersten Siedler waren überrascht, wie fruchtbar dort der Boden ist im Vergleich zum trockenen Inland und nannten es schlicht Garten. Sie fanden mit mildem Klima und regelmäßigen Niederschlägen ideale Bedingungen für die Landwirtschaft vor. Doch das ist längst nicht alles, was die Garden Route heute so attraktiv für Touristen macht. Die berühmte Strecke zwischen Kapstadt und Port Elizabeth führt fast ausschließlich an der Küste entlang. In welcher Richtung Reisende unterwegs sind, spielt dabei eigentlich keine Rolle. Wichtig ist nur, genügend Zeit für Stopps rechts und links der Strecke einzuplanen. Denn die eigentliche Naturschönheit lässt sich am besten ohne Auto entdecken.

In Port Elizabeth gestartet, ist es nur ein kurzes Stück bis zum Addo Elephant Park, der ganz im Zeichen der Elefanten und ihres Schutzes steht. Der Nordteil des Parks ist seit jeher das Gebiet der grauen Riesen. Der erst vor wenigen Jahren hinzugekaufte Südteil war 80 Jahre lang durch einen Zaun abgetrennt, seit Jahren gibt es keine Gitter mehr, und wenig später waren auch schon die ersten Elefantenpfade in der Landschaft zu erkennen. Dort heißt es zunächst einmal raus aus dem Auto und rein in den Sattel. Geduldig warten die braungescheckten Pferde, bis die Hobbyreiter es auf ihren Rücken geschafft haben. Mit einer Pferdestärke geht es dann durch den Park, in gemächlichem Tempo trotten die Pferde hintereinander her. Sie kennen die Wege durch die Nyathi-Sektion des Parks, die sandigen Pfade, von denen aus die Ausflügler einen perfekten Blick auf die Landschaft haben. Zebras grasen in der Savanne, Strauße blinzeln ein wenig träge in der Sonne, und Wildschweine rascheln im Gestrüpp. In der Nähe eines großen Wasserlochs verharrt die kleine Gruppe, die Pferde scharren ein wenig im Gras, rupfen schnaubend ein paar Halme ab. Eine Elefantenherde mit etwa 30 Tieren trinkt und badet dort, die Jungtiere suhlen sich im Schlamm, planschen und schauen sich die richtige Rüsselbewegung beim Trinken von ihren Müttern ab. Und dass sie tunlichst in ihrer Nähe bleiben, lernen die Kleinen auch. Denn seit Oktober 2003 sind in diesem drittgrößten Park des Landes auch die „Big Five“ wieder komplett: Elefanten, Büffel, Nashörner, Löwen und Leoparden. Alle waren sie ursprünglich dort heimisch, bis sie in der Kapregion teilweise ausgerottet wurden. Nun haben Tierschützer sie erneut in diesem Schutzgebiet angesiedelt.

Auf dem Sunday River, der sich quer durch den Addo Elephant Park schlängelt, schaukeln Naturfreunde in einem kleinen Holzboot bis zur Küste. Langsam gleitet die Landschaft vorüber, die Ufer sind mal schlammig-braun, mal mit hohem Gras bedeckt. An der Küste angekommen, führt ein Spaziergang mitten rein in ein echtes Naturspektakel: in die am schnellsten wandernden Sanddünen der Welt.

Die steilen Hänge lassen sich nur schwer erklimmen, bei jedem Schritt rutschen Wanderer fast so weit hinunter, wie sie hochkamen. Die beste Technik ist, in Zickzack-Linien hinaufzusteigen — und irgendwann ist es dann geschafft. Ein schmaler Grat trennt Licht und Schatten: Dünen mit blendend hellem Sand auf der Sonnen- und fast schwarz wirkendem auf der Schattenseite. Hinter diesem Meer aus Sand liegt der echte Ozean: die Algoa Bucht mit ihrer vorgelagerten Insel St. Croix, auf der die größte Kolonie des Afrikanischen Pinguins lebt. Der Wind verändert permanent das Bild dieser Dünenlandschaft — schon in wenigen Stunden wird keine Düne mehr dieselbe sein.

Vom Nationalpark aus führt die Tour weiter Richtung Südwesten. Vorbei an steilen Klippen, die senkrecht in den türkisblauen Indischen Ozean hinabfallen. Aus Osten kommend, ist der erste Stopp Plettenberg Bay. Dort tummeln sich von Mai bis Oktober Buckel- und Grauwale, die von ihrer langen Reise aus der Arktis kommen, um sich in den warmen Gewässern zu paaren und ihre Jungen zur Welt zu bringen.

Weiter Richtung Süden fallen die bewaldeten Berge immer wieder auch sanft ab zu einsamen Stränden, deren feiner Sand hell in den Buchten leuchtet. Diese Oasen der Ruhe und Einsamkeit sind nur zu Fuß erreichbar. Steinige Wege führen die Hänge hinab, oft sind es kaum erkennbare Trampelpfade. Immer dem Geräusch der Wellen nach — und plötzlich sinken die Füße im weichen Sand ein. Es ist, als wäre niemand zuvor je dort gewesen, keine Spuren sind zu sehen außer den eigenen. Wellen plätschern leise ans Ufer — ein Strand-Idyll wie aus dem Bilderbuch.

Viele solcher Buchten lassen sich entlang der Strecke entdecken, doch die wichtigsten Ziele der Garden Route liegen zwischen Küste und Bergen: die unberührten Wälder aus tropischer Vegetation, Kiefern und Pinien. 177 Kilometer lang erstreckt sich das Waldgebiet zwischen George und Humansdorp.

Am anderen Ende der Garden Route, in der Kapregion, wachsen die edlen Tropfen Südafrikas: in und um Stellenbosch. Die Stadt rund 50 Kilometer östlich von Kapstadt hat eine eigene Wein-Route, die zu den berühmten Weingütern der Region führt. Mitten durch die fruchtbaren Täler der Flüsse geht es auf Reben-Schau — selbstverständlich mit Kostproben. Stellenbosch selbst zählt zu den schönsten südafrikanischen Städten, das historische Stadtzentrum mit Cafés und Restaurant lässt sich bequem zu Fuß erkunden. Bei einem Stadtbummel schlendern Besucher an zahlreichen, gut erhaltenen Gebäuden im kapholländischen Stil vorbei: Häuser mit strahlend weißer Front, dunklen Reetdächern sowie aufwendig verzierten Fronten und Giebeln. Eine weltweit einzigartige Architektur, die aus der holländischen Kolonialzeit nur in Kapstadt und entlang der Garden Route übrig geblieben ist.