Schlucht der Zuflucht: Canyon der Soldatenaras in Südmexiko
Santa María Tecomavaca (dpa) - Prächtig, stolz und farbenfroh sind Papageien. Das macht sie zu beliebten Haustieren. Schöner als im Käfig sehen die majestätischen Vögel aber in freier Wildbahn aus.
In Südmexiko lebt eine Kolonie seltener grüner Aras noch fast unbehelligt.
Morgendämmerung im Cañon del Sabino: Ein Adler gleitet ohne Eile zwischen den 800 Meter hohen Felswänden hindurch nach Osten. Mit seinen Pfiffen scheint er den übrigen Bewohnern der Schlucht zu verstehen zu geben: Ich bin hier der König. Drei Minuten später ist für kurze Zeit der Teufel los. Rund 20 Soldatenaras (Ara Militaris oder Guacamaya Verde) haben ihre versteckten Nisthöhlen in den Wänden verlassen und fliegen, ebenso wie der Rotschwanzadler zuvor, mit lautem Geschrei auf den östlichen Ausgang der Schlucht zu. Dann herrscht wieder paradiesische Ruhe.
Der Cañon del Sabino ist einer der wenigen Orte in Lateinamerika, in denen der große, grüne Papagei, eine vom Aussterben bedrohte Art, überlebt hat. Hier im Biosphärenreservat Cuicatlán, im Norden des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca, ist er besonders vor den Menschen sicher. Der Canyon ist noch in keinem Reiseführer beschrieben. Das Gelände ist derart unzugänglich, dass Besucher erst nach einer anstrengenden Bergtour zu den Rändern über der Schlucht gelangen.
„Der Cañon del Sabino ist sehr gut erhalten“, schrieb die Biologin Amaría del Coro Arizmendi Arriaga 2007, als die Wissenschaft auf die Guacamayas aufmerksam wurde. „Hier können die Voraussetzungen aufrechterhalten werden, damit der Guacamaya weiterhin die Felswände für die Nester nutzt.“
Zu den Nisthöhlen in den Felswänden vorzudringen, wäre selbst für professionelle Bergsteiger eine Herausforderung. Außerdem haben sich die Einwohner aus den Ortschaften nahe des Canyons dem Schutz der Natur und vor allem der Guacamayas verschrieben. Bei den Indios handelt es sich um Mixteken und Mazateken aus Santa María Tecomavaca und benachbarten Orten. „Tierhandel gibt es hier nicht“, sagt Alfredo Ferrer, der verantwortliche Parkführer von Tecomavaca. „Wir wollen sie hier haben.“
„Schon für unsere Vorfahren waren die Guacamayas sehr wichtig“, beschreibt Alfredo die besondere Beziehung der Ureinwohner zu den grünen Aras, deren Federkleid auch blaue, gelbe und am Schwanz rote Federn aufweist. „Früher galten sie unseren Leuten als Götterboten, die den Menschen bei Problemen helfen sollten, etwa wenn die Kinder nicht sprechen oder nicht essen wollten.“
Die Ara-Kommune über dem Sabino-Fluss besteht aus 60 Paaren. Jeden Sommer kommen ein paar Junge hinzu. „Im März ist Paarungszeit“, erklärt Alfredo. Die Weibchen legen ein bis zwei Eier und brüten sie in ihren Höhlennestern aus, in die sie jedes Jahr zurückkehren. Dann sind die Männchen für die Beschaffung der Nahrung zuständig. Sie finden sie in den bis zu acht Meter hohen Orgelpfeifenkakteen, aufgelockerten Niedriglaubwäldern oberhalb des Canyons und an den Hängen und in den Schluchten des Gebirges Sierra Madre Oriental.
Ab September und im Oktober erhalten die Jungen Flugunterricht. Ihre Flugkünste zeigen sie in Dreierformationen. Das Kreischen der Eltern kündigt die Flüge an. Und auch während des Fluges wird ordentlich Lärm gemacht. Pro Paar kommt nach Beobachtung des Parkführers nur ein Jungvogel durch. Ihre Feinde sind Adler, Geier, Sperber, aber auch Bienenvölker, die die Nester der Aras in Beschlag nehmen. Die Kolonie ist in den vergangenen Jahren nicht gewachsen. Sie ist aber auch nicht kleiner geworden. Alfredo schätzt, dass pro Jahr nur zehn Paare ein Junges aufziehen.
Die wegen des langen Schwanzes bis zu 80 Zentimeter langen Vögel sind aus vielen Gebieten Lateinamerikas verschwunden. Ein Grund ist nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF, dass ihr Lebensraum immer kleiner wird. Die Zerstörung der Tropenwälder lässt auch die Zahl der Nistplätze sinken. Ein anderer Grund sei der verbotene Handel mit den Tieren. Weltweit gebe es nur noch 10 000 bis 20 000 Exemplare.
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