Taubertal: Kulinarisches Erbe erhalten
Eine Genussreise rund um Wein und Dinkelbier.
Düsseldorf. Die Wiederbelebung war erfolgreich. In dunklem Rot funkelt er im Glas, ein echter Hingucker. Seine dezent rauchige Note sowie die Aromen von Wildkirschen sind alles andere als alltäglich. Der Tauberschwarz, ein Rotwein, der seine Heimat im Namen trägt, findet unter Weintrinkern immer mehr Liebhaber.
„Diese alte Rebsorte war hier früher weit verbreitet, ist dann aber vollständig in Vergessenheit geraten“, erinnert sich Winzer Jürgen Hofmann aus dem fränkischen Röttingen. Erst vor einigen Jahren wurde diese regionale Spezialität wiederentdeckt.
„Als Barrique ausgebaut, kann der Tauberschwarz seine Stärken voll entfalten“, erklärt der junge Winzer. Die Heimat dieses sortenreinen Rotweins ist das rund 120 Kilometer lange Taubertal, das sich von Rothenburg bis Wertheim erstreckt, wo die Tauber in den Main mündet.
Eine Gegend, der Touristiker mit Recht das Prädikat „lieblich“ verpasst haben und die sich bestens eignet, einen Trendbegriff wie Entschleunigung mit Leben zu füllen. Auf Wanderungen über den Panoramaweg, der von Rothenburg bis Freudenberg am Main führt, oder bei einer Fahrradtour am von Bäumen gesäumten Ufer der Tauber, die sich mit zahlreichen Windungen durch ihr Tal schlängelt, sind die Weinberge allgegenwärtig.
Eine weitere Spezialität des lieblichen Taubertals wird dem Reisenden allerdings nicht so deutlich vor Augen geführt. Ein lohnendes Etappenziel ist die Distelhäuser Brauerei vor den Toren Tauberbischofheims. Man sollte im gemütlichen Brauhaus einkehren und ein Dinkelbier probieren.
Dieser obergärige Gerstensaft aus dem heimischem Urgetreide, sozusagen einem Vorläufer des Weizens, wird bei Distelhäuser erst seit zwei Jahren gebraut — und ist bereits preisgekrönt. Kräftig und gehaltvoll passt das Bier bestens zu einer Brotzeit.
Auch der Dinkel war lange Zeit aufgrund seiner nur geringen Erträge vom Markt verschwunden. Nun erlebt das Arme-Leute-Essen längst vergangener Tage, im Taubertal auch in der Küche ein Comeback. In Form von Suppen, Maultaschen, Pfannkuchen oder als Gemüse, aber auch als Nachspeise bereichert das Getreide die Speisenkarten der Region.
Dass Dinkel gesund ist, wusste übrigens schon Hildegard von Bingen. „Die Seele des Menschen macht er froh und voller Heiterkeit“, notierte die gebildete Ordensfrau.
Im Taubertal, wo Franken und Württemberg aneinanderstoßen, muss es nicht bei Bier und Wein bleiben. Entlang der Tauber erstreckt sich auch eine reiche Kulturlandschaft mit vielen sehenswerten Stationen. Hier begegnen sich höfische Pracht im Schloss Weikersheim und Klosterleben in Bronnbach bei Wertheim. In der ehemaligen Zisterzienserabtei lädt die Taubertal-Vinothek am passenden Ort zur Verkostung der regionalen Weine. Schließlich geht der Weinbau auf das Wirken der Mönche zurück.
In Bad Mergentheim führen alle Wege zur Anlage des Deutschordensschlosses, in der ein Museum an den im Mittelalter einflussreichen Ritterorden erinnert. Bedeutende Kunstwerke von Tilman Riemenschneider und Matthias Grünewald sind in den Kirchen von Creglingen und Stuppach zu entdecken.
Wer auf dem Taubertal-Radweg unterwegs ist, überquert den Fluss in Tauberrettersheim über eine Brücke, die Balthasar Neumann, der Baumeister der Würzburger Residenz, im 18. Jahrhundert errichtet hat. In der barocken Gartenanlage von Schloss Weikersheim begegnet der Spaziergänger einer stattlichen Bacchus-Statue: „Ein deutliches Zeichen dafür, dass Genuss in unserer Gegend nicht erst in heutiger Zeit geschätzt wird“, sagt Jürgen Hofmann.
Kein Wunder, dass die Slow-Food-Bewegung, die sich für den Erhalt des kulinarischen Erbes engagiert, im Taubertal viele Unterstützer gefunden hat. Auch der Winzer aus Röttingen hat sich begeistert dieser schmackhaften Alternative zum Fast Food verschrieben: „Unser Beitrag ist der Tauberschwarz.“