Zehn Jahre „Land Fleesensee“
Touristisches Lehrstück in Mecklenburg- Vorpommern.
Düsseldorf. Zum zehnjährigen Bestehen von "Land Fleesensee" - der mit vier Hotels, Wellness-SPA, Therme, Reiterhof, Golfclub und Marina größten und modernsten Ferienanlage Deutschlands - strahlen fast alle um die Wette. Das Resort wurde zum Lehrstück touristischer Entwicklung. Mecklenburg-Vorpommerns Tourismus-Minister Jürgen Seidel weiß: "Das Vorzeige-Resort wurde zu einer Initialzündung für die touristische Entwicklung des Landes."
Peter Becher, Bürgermeister des 630-Einwohner-Dorfs Göhren-Lebbin, auf dessen Gebiet das 500 Hektar große Resort steht, sagt: "Wir hatten vor zehn Jahren 37 Prozent Arbeitslosigkeit, heute sind es nur noch drei Prozent."
In die Riege der Strahlemänner reiht sich Karl J. Pojer ein. Der Chef der 301 TUI-Beteiligungshotels ist absolut zufrieden: "In Deutschland mit seinen Wetterproblemen ein Resort mit 2000 Betten zu füllen, hielt manch einer vor zehn Jahren für eine Illusion. Wir haben gezeigt: Es geht, wenn man für Zeiten mit schlechtem Wetter genug attraktive Betätigungen anbietet. Wir haben heute eine Belegung von 65 bis 70 Prozent. Seit Eröffnung hatte Land Fleesensee rund 800 000 Gäste mit mehr als drei Millionen Übernachtungen."
Vor einem Jahrzehnt wurden auch dem zum Resort gehörenden ersten Robinson-Club in Deutschland keine allzu großen Chancen eingeräumt. Pojer: "Heute kommen Paare und Alleinreisende vor allem aus Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die nicht erst lange fliegen wollen, zum Abschalten und Auspowern."
Nur die 1967 Geldgeber, darunter anfangs auch Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer, strahlen nicht. Die versprochenen fünf Prozent Rendite hat der Fleesensee-Fonds bisher nur ausnahmsweise erwirtschaftet. Fehleinschätzungen über das Geschäft mit Wellness und Sport verhagelten die Fonds-Bilanzen. Die Anteilscheine der Anleger sind heute nur noch einen Bruchteil wert.
Ein gutes Geschäft waren dagegen für das Land Mecklenburg-Vorpommern die satten 92 Millionen D-Mark aus der Steuerkasse für Fleesensee. Der Tourismus-Minister: "Fast jeder zehnte Euro wird bei uns bereits im Tourismus erwirtschaftet."
Fleesensee habe weitere Investoren auf den Geschmack gebracht: So entstanden in Göhren-Lebbin Ferienhäuser und Apartments mit 1500 Betten. Bisher untersuchten mehr als 50 Diplom-Arbeiten an Universitäten die Frage, was sich aus dem Fleesensee-Erfolg für andere Resort-Anlagen aus der Retorte lernen lässt.
Als eine Planungsgruppe bei dem Touristikkonzern TUI anfragte, ob Interesse an der Übernahme des Managements in dem geplanten Resort bestehe, wurde TUI-Hotelchef Pojer nach Göhren-Lebbin in Marsch gesetzt. "Düsteres Wetter, düstere Landschaft, ein riesiges Stück leeres Land, ein paar Bruchbuden, eine HO-Gaststätte. Das alles machte mich nicht an. Aber dann kam ich im Sommer noch einmal. Die Rapsfelder blühten, der Himmel wölbte sich malerisch über dem See. Die unberührte Natur überzeugte mich."
Pojer reizte aber auch, erstmals ein Resort nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft und Umfragen über Kundenwünsche an das Hotel der Zukunft planen zu können. Wichtigster Punkt war der zielgruppengenaue Zuschnitt: Robinson für sport- und spaßorientierte Paare und Singles.
Dorfhotel für Familien mit Kindern. Iberotel für genussorientierte Paare. Das Radisson Blu Resort Schloss Fleesensee, das sich im Schloss des Grafen Ludwig Blücher, eines Cousins des Haudegens von Waterloo eingerichtet hat, für golfbegeisterte Gourmets.
Inzwischen dürfte die Gesamtinvestition für vier Hotels, Reiterhof, SPA, Therme, Kongresszentrum, Golf-Club mit fünf Plätzen, Shopping-Center und Marina bei über 250Millionen Euro liegen. Und im nächsten Jahr kommt noch, finanziert von Professoren der Uni Greifswald, ein großes medizinisches Zentrum hinzu.
Am Fleesensee wurde erfolgreich eine Kettenreaktion ausgelöst. Sommernachtsfeste und Beach-Partys locken neben Stars wie Justus Frantz oder Ute Lemper. Demnächst spielt Max Rabe mit dem Salonorchester auf. Touren mit Harleys, Trabis und Hausbooten sind ebenso buchbar wie der Besuch einer Kochschule.