Reise-Experte: Muße und Entschleunigung nicht für jeden gut

Kiel (dpa/tmn) - Erholung will doch jeder. Aber der eine erholt sich im Strandkorb und der andere beim Mountainbiken. Wie der perfekte Erholungsurlaub aussehen soll, ist deshalb gar nicht so leicht zu beantworten, sagt Reise-Experte Prof. Martin Lohmann im Interview.

Slow Tourism ist ein Trend, mit dem die Reisebranche sich zunehmend beschäftigt. Denn angesichts von wachsendem Leistungsdruck am Arbeitsplatz und der gefühlten Hektik im Alltag wollen immer mehr Menschen im Urlaub die pure Erholung. Nur was genau das ist, ist gar nicht so klar, sagt Prof. Martin Lohmann, Leiter des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa:

Entschleunigen und sich von der Hektik des Alltags erholen will doch jeder, oder?

Lohmann: Dass unser Alltag hektischer geworden ist, kann ich unterschreiben. Aber dass alle im Urlaub entschleunigen wollen, das stimmt wahrscheinlich nicht.

Aber erholen wollen sich doch alle - oder nicht?

Lohmann: Aber was ist Erholung? Das ist nicht mit Muße gleichzusetzen. Muße und Entschleunigung sind nicht für jeden gut. Es kommt darauf an, welche Art Erholungsbedürfnis es gibt. Manche sind im Alltag stark überlastet, die brauchen Ruhe. Andere sind eher reizunterfordert. Für die bedeutet Erholung, im Urlaub aktiv zu sein, etwas Spannendes zu machen.

Hat die Reisebranche schon die richtigen Angebote für beides?

Lohmann: Das Thema Slow Tourism hat schon eine gewisse Aufmerksamkeit bei der Produktentwicklung und -darstellung bekommen. Aber ich habe den Eindruck, man beschäftigt sich überhaupt nicht mit der Frage, was Erholung tatsächlich ausmacht. Dabei würde das der Branche gut anstehen.

Ist der Bedarf tatsächlich da?

Lohmann: Daraus, dass Stress und Hektik zunehmen, leitet sich für den Tourismus ja auch eine Chance ab. Und ich finde schon, dass Veranstalter und Regionen vieles anbieten, was dem entspricht. Aber oft so, dass der Kunde nicht erkennen kann, was das Richtige für sein jeweiliges Erholungsbedürfnis ist.

Was ist denn für Sie Slow Tourism?

Lohmann: Ich bin am Wochenende in Schleswig-Holstein bei Westerhever durchs Watt gelaufen. Ich kann Ihnen sagen, das war wirklich slow.

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