Natur und ihre Gaben Blühende Kerzen und flüssiges Gold: Erntezeit am Bodensee

Hagnau (dpa/tmn) - Ein leuchtend rotes Gummi-Haarband ziert das abgegriffene Holzsteuerrad. Der Bootsmotor brummt leise vor sich hin. Lange, braune Locken lugen unter einer grob gestrickten blauen Seemanns-Wollmütze vor.

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Heike Winder sieht nicht aus, wie man sich einen typischen Fischer vorstellt.

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Sieben Fischerinnen gibt es am Bodensee, von über 100 Fischern insgesamt. Sanft wippt das leichte Aluminiumboot auf den Wellen. Eine Möwe meldet Appetit. Sonst: nichts. „Es ist die Ruhe, morgens auf dem See, was es ausmacht“, erklärt Winder: „Warum man es immer noch macht, auch wenn man davon eigentlich nicht mehr leben kann.“ Auch ihr Mann ist Fischer. Das Familienbudget stocken sie mit der Vermietung von Ferienwohnungen auf. Winder arbeitet nebenher als Masseurin.

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„Der Bodensee ist mittlerweile so sauber, dass die Fische zu wenig zu fressen haben, zu wenig Nährstoffe im Wasser“, erläutert die zweifache Mutter. Weniger Fische, weniger Fang. Letzterer ist auch heute übersichtlich. Zurück im Haus der Familie, direkt am Seeufer, wird im Keller geschuppt, filetiert, gewaschen, gesalzen und danach drei Stunden lang geräuchert. Danach: Netze ausbreiten, flicken, „die sind größtenteils handgemacht“. Wie der delikate, goldgelb schimmernde Felchenkaviar, der wenig später auf schmalen Baguettescheiben serviert wird.

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An Bord des nächsten Kutters, der „Teamwork“. Zusammen mit einem guten Tropfen aus der Region und Seemannsgarn. Wein, Wind, Weisheiten. „Wir verbringen den Ruhestand am Bodensee“, erzählt Gunther Hartmann (84), U-Boot-Kommandant a.D..

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Mit dem Holzkutter „Teamwork“ hat Hartmann zurück aufs Wasser gefunden. Gemeinsam mit Kollegen der Wassersportgemeinschaft Hagnau hat er das Marine-Rettungsschiff wieder seetüchtig gemacht, schippert nun Gäste mit dem Zweimaster vorbei an Weinbergen, Pfahlbauten und Stadtansichten.

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Das Ufer naht. Wenig später, festen Boden unter den Füßen, warten hinter dem nächsten Hügel in Lippertsreute zur Abwechslung statt Planken Reifen. Genauer: ein Obsterntewagen. Eine Art überdimensionale Obstkiste, von einem Traktor gezogen. „Apfelzügle“, nennt Landwirt Joachim Knoll ihn und gondelt Richtung Plantage.

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Im Gegensatz zu den großen Knollschen Spalier- und Niederstammanlagen, hat der Koch Markus Keller eine Art Museumsgarten, eine Obsthochstammanlage, neben seinem Landgasthof in Lippertsreute. Robuste, alte Sorten, ungespritzt. „In Erinnerung daran angelegt, wie Obstbau früher in unserer Region aussah“, sagt er und schneidet mit geübter Hand einige Äpfel- und Birnenspalten. Der Geruch frischen Obstes belebt die klare, kalte Herbstluft. Sein Wissen über regionale Produkte gibt der Gasthofbesitzer auch gern in Kochkursen weiter.

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Neben Äpfeln bietet die Region auch einen großen Schatz ausgezeichneter Weine. Von lieblich bis trocken. Wer beim Traubenlesen, „wimmeln“, wie es regional heißt, nicht richtig zupackt, muss nicht lange auf guten Rat warten. Im 1400-Seelen-Dorf Hagnau gibt es mehr als 50 Winzerfamilien.

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„Immer gegen den Berg. Wenn man tiefer steht, sieht man den Stiel besser zum Abschneiden“, erklärt ein Erntehelfer. Positionswechsel. Stimmt. „So funktioniert's. Gegen die Hand zu schaffen, geht eben nicht so schnell“, fügt er noch an. Ist das die charmante Bodensee-Formulierung für „zack, zack“? Greifen, schneiden, schauen. Die gut gereiften, unversehrten Trauben landen in kleinen, dann in großen Eimern, letztere auf wendigen Traktoren.