Mehr als Saumagen Eine kulinarische Reise durch die Kurpfalz
Mannheim (dpa/tmn) - Ist Helmut Kohl an allem schuld? Ohne den Altkanzler wäre der Saumagen über die Region hinaus wohl nie so populär geworden. Dabei hat die Kurpfalz in kulinarischer Hinsicht weit mehr zu bieten als nur Kohls Leibgericht oder „Weck, Worscht un Woi“.
Das zeigt sich bei einer Rundreise durch die Region und ihre Lokale. Auch beim Saumagen lohnt es sich, einem echten Kochprofi über die Schulter zu schauen. Im Mannheimer Multi-Kulti-Stadtteil Jungbusch, in dem mehr als zwei Drittel der Bewohner einen Migrationshintergrund haben, weiß man Pfälzer Spezialitäten durchaus zu schätzen. Hier liegt das Restaurant „ Die Küche“, das auf das Motto „Einfach gutes Essen“ und Regionalität bei der Produktauswahl setzt.
Das Fleisch kommt aus dem wenige Kilometer entfernten Wachenheim, auch die anderen Zutaten sind aus der Region. Geschmacksverstärker kommen nicht zum Einsatz. Küchenchef Max Dahlinger mag sein Rezept für den Saumagen aber nicht verraten. „Die Füllung macht's aus“, sagt er bloß. Klassisch mit Kartoffeln und frischen Kräutern? Oder doch eher exotisch mit Chili, Bohnen und Paprika? „Als Beilage eignen sich in jedem Fall knusprige Bratkartoffeln“, sagt Dahlinger. „Je nach Saison auch Pilze und Spargel.“
In Schwetzingen dreht sich dagegen fast alles um Spargel. Das königliche Gemüse, das hier seit genau 350 Jahren angebaut wird, hat das beschauliche Städtchen zum ältesten Spargelanbaugebiet in ganz Deutschland gemacht. Bei einem Workshop geht es mit Spargelbäuerin Elfriede Fackel-Kretz-Keller raus auf die Felder.
Man erfährt, dass Spargel auf Wunsch von Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz 1668 erstmals im Schlossgarten angebaut wurde und zunächst nur der kurfürstlichen Tafel vorbehalten war - und dass es den berühmten Spargelmarkt auf dem Schwetzinger Schlossplatz immerhin schon seit 1894 gibt. Aber auch, dass die Kunst des Spargelstechens sich seit Jahrhunderten nicht verändert hat und bis heute ohne moderne Technik auskommt. Ein langes Stecheisen in die Hand, Finger spreizen, ausgraben und bei der Ernte darauf achten, dass die Spargelstangen eine Länge von mindestens 22 Zentimetern haben.
„Gut festhalten und beherzt zustechen“, rät die Expertin. „Das königliche Gemüse wird nicht umsonst so genannt. Also immer schön bücken und einen Diener machen. Und wenn's morgen im Kreuz ein wenig zwicken sollte, dann wundert euch nicht.“
Nach der körperlichen Anstrengung heißt es: Platz nehmen. Und zwar im „Lebensmittel.punkt“, einem Restaurant, das Tommy Möbius erst im vergangenen Jahr eröffnet hat und schon im „Bib Gourmand Deutschland“ gelistet ist. Es gibt also gehobene Küche, aber zu einem fairen Preis. Das Restaurant kombiniert Mittagstisch und Abendservice mit Catering und Feinkostgeschäft. Möbius selbst nennt das „Qualität zum kleinen Preis“, das sei schon das ganze Geheimnis.
„Meiner Frau Elnaz und mir ging es aber auch darum, etwas aufzubauen, das es in dieser Form in Schwetzingen noch nicht gab“, sagt der Chef. Hier wird - nicht nur zum Mittagsmenü - die spezielle Spargelsorte „Meisterschuss“ serviert, im Hauptgang zum Beispiel mit Saibling vom Bodensee und frischen Pfifferlingen.
Den Riesling nennt man gern König der Weißweine. Doch eigentlich hatte die Rieslingtraube in ihrer ursprünglichen Version eine rote Schale. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war der Rote Riesling in vielen Mischpflanzungen zusammen mit dem Weißen Riesling anzutreffen - um danach lange Zeit in Vergessenheit zu geraten.
Doch heute ist er wieder eine besondere Marke und zum Lieblingskind des Weinbaus an der Hessischen Bergstraße geworden, wie Gerald Haas bei einer abendlichen Degustation in seinem Weinheimer Restaurant „ Diebsloch“ erläutert. „Der Rote Riesling ist nicht nur ein Wein, er ist auch Lebensgefühl. Er ist säurebetont und braucht Bedingungen wie jeder Riesling: große Temperaturunterschiede und viel Gewässer in der Nähe“, sagt Haas. Er verweist stolz darauf, dass sich die Hessische Bergstraße mit ihren 15 Hektar „größtes Anbaugebiet für Roten Riesling“ in ganz Deutschland nennen darf.
Woanders dürfen Gäste auch mal selbst Hand anlegen. Lollis selber machen: In der vor fünf Jahren von Jens Meier eröffneten Heidelberger Bonbon-Manufaktur gibt es dazu die Gelegenheit. Eine feine Adresse, nicht nur für Kindergeburtstage, bei denen die Kleinen sich ihre Geschmacksrichtungen aussuchen und dann loslegen dürfen. Auch Erwachsene werden hier wieder zum Kind.
Limette, Chili und Tomate gemischt? Lieber Salami oder Chardonnay? Himbeere und Weiße Schokolade ist sicher auch eine gute Wahl. Also: Zucker, Wasser und Glukosesirup aufkochen. Die verdickte Masse später auf ein Blech verteilen. Die natürlichen Farb- und Geschmacksstoffe hinzugeben. Alles abkühlen lassen, dann mehrfach zusammenfalten. Nun darf gerollt und geschnitten werden, unter fachkundiger Anleitung.
Herzchen sind als Motive übrigens sehr beliebt. Schließlich hat schon so mancher sein Herz in Heidelberg verloren.
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