Ententörle und große Erfindungen: Barocke Vielfalt in Bad Waldsee
Bad Waldsee (dpa/tmn) - Bad Waldsee ist nicht nur der sonnenreichste Kurort in Baden-Württemberg sondern auch eine kleine Stadt mit reicher Geschichte. Und so mancher Sehenswürdigkeit, die man erst auf den zweiten Blick entdeckt.
Schön war sie nicht, die Barockzeit. Zumindest für die Menschen, die nicht adelig waren. Denn nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung konnte sich all jenes leisten, was heute mit dieser Epoche in Verbindung gebracht wird: die lockigen Allongeperücken, die Konzerte, die üppigen Mahle und reichen Feste. „Unser Bild vom Barock ist ein Klischee“, sagt der Stadtarchivar von Bad Waldsee, Michael Barczyk. Er kennt sich aus in der Geschichte des 20 000-Einwohner-Ortes im Oberschwäbischen - und er räumt ein bisschen auf mit dem schönen Schein des Zeitalters.
„Die Bauern wurden mit brennter Supp' und gebähtem Brot soweit bei Kräften gehalten, dass sie die schwere Arbeit verrichten konnten“, sagt Barczyk. Sie arbeiteten viele Stunden am Tag, mussten Frondienst leisten und besaßen doch nur das Nötigste. Ganz anders der Adel und die wohlhabende Mittelschicht. „Sie schwelgten geradezu im Überfluss.“ Heute lässt man die alte Zeit in Bad Waldsee wieder aufleben - die Gerüche und Geschmäcker jener Zeit, wenn auch etwas angepasst.
Großen Anteil daran hat der Stadtarchivar. Und der Berthold Schmidinger, Koch des Restaurants „Grüner Baum“, der die Gerichte jener Zeit auf den Tisch bringt. Barczyk liefert zu den verschiedenen Gängen Informationen und kleine historische Anekdoten. Bernhard Bitterfeld spielt dazu im historischen Kostüm auf der Sackpfeife.
In Bad Waldsee hat die Zeit ihre Spuren hinterlassen. 500 Kilometer lang ist die Oberschwäbische Barockstraße, hier kann jeder Reisende sein Interesse an Architektur, Malerei, Musik und Literatur befriedigen. Und Bad Waldsee, das mal als sonnenreichster Kurort Deutschlands, mal als baden-württembergischer Kurort mit dem schönsten Wetter gekürt wird, liegt mittendrin.
In der Innenstadt gibt es ein besonderes kleines Geheimnis: das Ententörle. Ein schönes, altes Fachwerkhaus. Auf den ersten Blick. Die Geschichte dazu: Hier unten im Entenmoos war im 16. Jahrhundert eine öffentliche Badeanstalt, das Mayenbad. Eine Einrichtung, in der man sich nicht nur ordentlich waschen konnte, sondern in der man schon um die heilenden Kräfte des Torfes wusste. Und es gab eine versteckte Abteilung, in der sich schöne junge Mädchen aus Waldsee einsamen jungen und nicht mehr ganz so jungen Männern widmeten.
Auch der Kurfürst wusste um diese besonderen Dienste und ließ in das Entenmoos, das zu den eher verruchten Orten Waldsees gehörte, ein kleines Tor einbauen. Das Ententor. Klein und unscheinbar bis heute, aber der direkte Weg in das Mayenbad. „So konnte er ungestört kommen, auch wenn die Stadttore schon geschlossen waren.“ Heute geht es in Bad Waldsee deutlich gesitteter zu. Das Gros der jährlich 400 000 Gäste ist zur Erholung da - Bad Waldsee ist sowohl Kneipp-Kurort als auch Thermen-Standort.
Doch nicht nur der Ort ist sehenswert, auch ein Ausflug in die Umgebung lohnt sich - sei es wandernd im näheren Umkreis oder per Fahrrad durch die hügelige Landschaft Oberschwabens.
Informationen:
Städtische Kurverwaltung Bad Waldsee, Ravensburger Straße 3, 88339 Bad Waldsee (Tel.: 07524/94 13 42, E-Mail: touristinfo@bad-waldsee.de)