Homöopathie in Köthen: Auf den Spuren von Samuel Hahnemann
Köthen (dpa/tmn) - In Köthen haben berühmte Männer ihre Spuren hinterlassen: Johann Sebastian Bach, Johann Friedrich Naumann - und Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie. Seinetwegen kommen heute viele Besucher in die kleine Stadt in Sachsen-Anhalt.
Als ein indischer Arzt einst die Türschwelle ihres Hauses in der Wallstraße von Köthen küsste, verstand Liane Just die Welt nicht mehr. Sie ahnte nicht, dass ein früherer Bewohner des Hauses Samuel Hahnemann war, der Begründer der Homöopathie. „Ich kannte zu DDR-Zeiten niemanden, der wusste, wer Hahnemann war“, erzählt die Köthenerin. Nur der indische Arzt wusste es genau. In Indien ist die Homöopathie weit verbreitet, und Hahnemann wird dort verehrt. Mittlerweile kennt ihn auch in Köthen fast jeder.
Im Jahr 2004 wurde sein ehemaliges Wohnhaus dank Spendengeldern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Erdgeschoss ist heute das ursprüngliche Arbeits- und Wohnzimmer zu besichtigen, in dem Hahnemann seine Patienten empfing. Dort steht noch der Originalschreibtisch. Der schwarze Ohrensessel zeigt deutliche Gebrauchsspuren und wirkt, als hätte ihn der Meister gerade eben noch benutzt.
Dann holt Liane Just ein Rosenholzkästchen aus dem Schrank und lüftet den Deckel. Es tauchen 950 winzige, beschriftete Glasfläschchen auf, gefüllt mit unterschiedlichen Globuli: Hahnemanns Reiseapotheke.
Wer an Köthen zu Hahnemanns Zeiten denkt, muss sich den Ort als Residenzstadt des Fürstentums Anhalt-Köthen mit etwa 6000 Einwohnern vorstellen. Fürst Ferdinand holte Hahnemann als Hofarzt. Der hatte in Leipzig gerade Ärger mit den Apothekern und war froh, nun in Köthen uneingeschränkt praktizieren zu können. In der Innenstadt sind viele Gebäude aus Hahnemanns Zeit erhalten. „Die Zahl der Besucher hat sich in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht“, berichtet Christian Ratzel vom örtlichen Tourismusbüro. Viele der Gäste kommen wegen Johann Sebastian Bach. Der Komponist wirkte in Köthen als Hofkapellmeister. „Doch auch die Homöopathie-Touristen nehmen zu“, sagt Ratzel.
Nirgendwo in Deutschland lebte Hahnemann länger als in Köthen, insgesamt 14 Jahre, von 1821 bis 1835. Dann traf ihn die Liebe - eine Geschichte wie im Roman. Die Französin Mélanie d'Hervilly reiste extra von Paris nach Köthen, um sich vom damals schon berühmten Hahnemann behandeln zu lassen. Sie war 34, er 79 Jahre alt. Die beiden verliebten sich, heirateten und lebten fortan in Paris. Dort unterhielt das Paar gemeinsam eine homöopathische Praxis mit prominenten Patienten, wie etwa Niccolo Paganini.
Begraben liegt Samuel Hahnemann nicht in Köthen, sondern auf dem größtem Friedhof von Paris: Père Lachaise. Doch sein Bett, in dem er 1843 in der französischen Hauptstadt starb, hat es über Umwege nach Köthen geschafft. Es bildet heute das Kernstück der kleinen Homöopathie-Ausstellung im Apothekergewölbe von Schloss Köthen.