„SPO“ wird zur schicken Marke
St. Peter-Ording hat den breitesten Strand Deutschlands und ist der letzte Stopp vor Sylt im hohen Norden.
St. Peter-Ording. Kräftig bläst der Wind am Westerhever Leuchtturm den Besuchern ins Gesicht. Viele kennen den rotweißen Turm von 1906, der noch heute seinen Dienst tut, aus der Jever-Fernsehwerbung.
Tapfer stapfen die Wanderer fast drei Kilometer durch Salzwiesen, die bei Springtide regelmäßig überspült werden und in denen 2000 Spinnen- und Insektenarten heimisch sein sollen. Manche suchen lieber nach Bernstein als nach Insekten.
Oft erfolgreich: Die Halbinsel Eiderstedt, im 17. Jahrhundert durch Eindeichung aus Inseln entstanden, gilt als das beste Revier für die begehrten Steine aus Harz, die man in der Bernsteinschleiferei von Boy Jöns im Ortsteil Dorf selbst zu Schmuckstücken verarbeiten kann. Auch für Kinder gibt es Schleifkurse.
Kunstvoll sind hier so einige Menschen: Frauke Petersen (60) ist Sandkünstlerin, doch wie der feine Nordsee-Sand auf ihren modernen Fotoreliefs haftenbleibt — das bleibt ihr Betriebsgeheimnis. Besucher lädt sie in ihr Atelier gleich hinterm Deich ein. Das idyllische Bauernhaus mit Reetdach wurde 1870 von ihrem Urgroßvater erbaut.
Immer mehr Künstler zieht es in den hohen Norden, nicht wenige davon zurück auf die heimatliche Scholle ihrer Vorfahren. Rund 50 Eiderstädter Maler, Bildhauer und Schriftsteller haben sich in der Initiative Kunstkultur gefunden und stellen regelmäßig ihre Werke aus.
St. Peter-Ording hat in den vergangenen Jahren 40 Millionen Euro in Modernisierungen gesteckt: Im Stadtteil Bad gibt es eine neue Erlebnispromenade. Neu ist auch das junge Hotel Strandgut Resort. Das Wellnessszentrum Dünen-Therme wurde verjüngt und ist bei Schmuddelwetter eine wahre Wohlfühl-Oase. Besonders populär ist die lange Saunanacht jeden Freitag. Auch die Eröffnung der Fischkneipe „Gosch“ und einer Filiale der syltberühmten „Sansibar“ zieht immer mehr Gäste in den Badeort mit seinen vier Ortsteilen und zwölf Kilometern Strand. Und weil der Strand hier so breit ist, an manchen Stellen bis zu einem Kilometer, darf man sogar das Auto mitnehmen.
Das Resultat: St. Peter-Ording ist jünger und schicker geworden. Beach-Polo, Kite-Surfen, Radeln, Golf — keine Sportart, die hier nicht möglich wäre. Ebenso interessant aber sind ausgefallene Nacht- und Wattwanderungen, bei denen Sumpfohreulen und Säbelschnäbler gesichtet werden. Wer lieber selbst „versumpft“, tut dies in der „Sansibar Arche Noah“ oder in der „Strandhütte“. Beide Restaurants stehen auf sieben Meter hohen Holzstelzen am Strand — und bei Hochwasser auch manchmal im Wasser.
Es gibt fünf dieser Pfahlbauten in St. Peter-Ording, sie sind Wahrzeichen des Orts. Um dorthin zu gelangen, wird der Abendspaziergang zur Fitness-Übung: Die Seebrücke zur „Sansibar“ etwa ist einen Kilometer lang und nur für Fußgänger zugelassen.
„Sansibar“-Wirtin Marion ter Smitten erwartet ihre Gäste ausgelassen mit Strickbommelmütze und „SPO“-Schriftzug auf dem Kopf. Eine neue Partei? Nö, die Trend-Insignien von St. Peter-Ording.
Bieder war gestern, Krabben de luxe ist heute — etwa im frisch restaurierten Ambassador-Hotel, in dem 60 Prozent der Gastro-Köstlichkeiten aus der Region stammen. Das Hotel mit Spa und Pool gilt als das Erste am Platz.
Chefkoch Nils Kramer erklärt das Konzept von „Feinheimisch“, einem regionalen Zusammenschluss von Molkereien, Gastronomen, Schlachtern: „Alles Bio“, lautet die Devise. Öko-Käse von glücklichen Kühen, zartes Lamm von den Deichwiesen. Kramer selbst wird beim Schleswig-Holstein Gourmet-Festival zusammen mit dem Zwei-Sterne-Koch Wolfgang Becker aufkochen.
Zuviel Schicki-Micki für St. Peter-Ording? „Das ist nun mal der Lauf der Dinge“, sagt Wilhelm Andresen, „aber mehr Qualität kann nicht schaden.“ Mit 81 Jahren betreibt er die älteste Schankwirtschaft der Region und steht bisweilen selbst noch hinterm Tresen seiner 350 Jahre alten Rotklinker-Kate am Deich von Katingsiel.
In der mit Antiquitäten und historischen Bauernmöbeln vollgestopften kleinen Wirtschaft wurden schon Tatorte gedreht und Kult-Kommissar Jan Fedder hat sich hier Matjes auf Schwarzbrot schmecken lassen.
Der kostet bei Andresen nur 3,60 Euro — nicht alles an der „neuen Nordsee“ ist teuer.