Städtereise nach Passau: Eine Nacht im „Sissi-Zimmer“

Die 350 Jahre alte Barockstadt hat sich zu einem begehrten Städtereisen-Ziel entwickelt und feiert das Jubiläum.

Passau. Welche deutsche Stadt hat wie Wien einen Stephansdom? Wo hat der Aschermittwoch politische Bedeutung? Und welche im italienischen Barockstil erbaute deutsche Altstadt könnte glatt auch in Italien stehen?

Die Antwort auf alle drei Fragen lautet: Passau, die Dreiflüssestadt an Donau, Inn und Ilz. In den vergangenen Jahren hat Passau Karriere als Ziel für Städtereisen gemacht. Dieses Jahr soll das Festjahr „350 Jahre italienische Barockstadt Passau“ zusätzliche Besucher locken.

Am 27. April 1662 zerstörte ein Feuer die gesamte mittelalterliche Stadt. Heute erscheint die Katastrophe als städtebaulicher Glücksfall. Der Passauer Fürstbischof Wenzel von Thun ließ die Stadt von den berühmtesten italienischen Baumeistern im italienischen Barockstil wiederaufbauen. Mit mehr als 100 Veranstaltungen begeht Passau dieses Jahr das Jubiläum seiner Barock-Innenstadt.

In Kursen kann man barockes Schminken und Schneidern, Fechten, Sticken und Kochen lernen. Die Altstadt-Restaurants versprechen das ganze Jahr „barocke Gaumenfreuden“. Am 15. Juni um 18.50 Uhr sollen alle Kirchenglocken in der Stadt eine „lange Nacht der offenen Kirchen“ einläuten.

Vom 31. August bis 2. September feiert die ganze Innenstadt ein Barock-Fest (Programm-Details im Netz unter www.barockstadt-passau.de). Das Festjahr soll Passau zusätzlichen Schub als Städtereisen-Ziel bringen. Mit der Entwicklung der vergangenen Jahre kann die Stadt durchaus zufrieden sein.

Seit 2000 stiegen die Übernachtungen um 16 Prozent auf 428 000. Der Passau-Boom ist nicht zuletzt eine Nebenfolge des Booms der Flusskreuzfahrten auf der Donau. Im Vorjahr befuhren 124 Kabinenschiffe die Strecke von Passau nach Wien und Budapest.

Sie legten 1939 Mal in Passau an. 238 000 Passagiere stiegen ein. Viele verbrachten vor oder nach der Kreuzfahrt einen Tag in Passau. Gerard Glotz von Passau-Tourismus: „Vor 25 Jahren hatten wir sieben Stadtführer, heute brauchen wir schon 70.“

Der Passau-Boom wird besonders deutlich sichtbar, wenn Domorganist Ludwig Ruckdeschel mittags um 12 (von Mai bis Oktober täglich außer sonntags) auf der „größten Domorgel der Welt“ spielt. Dann ist der Dom meist bis auf den letzten der 1200 Plätze besetzt. Die Einnahmen aus den Eintrittskarten (vier Euro) tragen wesentlich zur Unterhaltung des Doms bei.

Auch die großen Reiseveranstalter haben inzwischen erkannt, dass Passau eine Reise wert ist. TUI, Neckermann und Dertour haben die attraktive Stadt in ihrem Städtereisen-Angebot.

Die Altstadt-Hotels mit Donau-Blick bieten Doppelzimmer mit Frühstück schon ab 59 Euro. Ruznd 200 Euro pro Nacht muss jedoch anlegen, wer im „Wilden Mann“ im „Sissi-Zimmer“ nächtigen will. Die Kaiserin stieg im September 1862 und im Juli 1878 im „Wilden Mann“ ab. Die Matratzen wurden, wie die Hotelleitung versichert, inzwischen allerdings ausgewechselt.

Ein Spaziergang zum „Dreiflüsseeck“, wo Donau, Inn und Ilz sich vereinigen, sorgt für den richtigen Appetit. Die „Heilig-Geist Stiftsschenke“ pflegt echt bayerische Küche. Danach ist ein Blick auf das Kolossalgemälde „Nibelungenlied“ im Rathaus angesagt oder ein Bummel durch die Höllgasse, Straße der Künstler. Die Veste Oberhaus gibt einen Einblick in das mittelalterliche Leben. Eindrucksvoll ist auch ein Besuch in der 400 Jahre alten Kirchenglockengießerei Perner.

Wer dann abends noch unternehmungslustig ist, beginnt eine längere Nacht vielleicht mit einem Edelcocktail in der „Journey“-Bar (Schustergasse), die donnerstags zur Caipirinha flotten Jazz bietet, oder im „Hemingways“ (im Bratfischwinkel).

Die schönsten Frauen Passaus rüsten sich angeblich im „Go“ (kleine Klingergasse) für eine lange Nacht, bevor sie dann zum Abrocken ins „Noa“ (Karpfinger-Straße) wechseln.