Ausgangssperren, Kontakte und Co. Das soll die bundesweite Corona-Notbremse regeln
Berlin · Der Bundestag hat die Corona-Notbremse per Gesetz beschlossen. Doch was soll eigentlich genau bundesweit gelten? Die Regelungen im Überblick.
Das am Mittwoch vom Bundestag beschlossene Gesetz zur bundesweiten Notbremse in der Corona-Pandemie sieht weitreichende Einschränkungen bei hohen Infektionsraten vor. Die Bremse wird in Gebieten gezogen, in denen die Sieben-Tages-Inzidenz die Grenze von 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner übersteigt. Besteht diese an drei aufeinanderfolgenden Tagen, treten am übernächsten Tag die Maßnahmen in Kraft. Am Donnerstag muss noch der Bundesrat zustimmen. Die wichtigsten Regelungen im Überblick:
AUSGANGSSPERRE
In Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner gilt von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr morgens eine Ausgangssperre. Zwischen 22.00 und 24.00 Uhr bleibt die "im Freien stattfindende körperliche Bewegung alleine" erlaubt, also zum Beispiel Joggen ohne Begleitung. Der Weg zur Arbeit oder der Arztbesuch im Notfall sind immer erlaubt.
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN
In der Öffentlichkeit oder Privaträumen dürfen sich die Angehörigen eines Haushaltes nur mit einem weiteren Menschen treffen, "einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres". Erlaubt sind zudem Zusammenkünfte zwischen den Angehörigen desselben Haushalts sowie von Ehe- oder Lebenspartnern - oder wenn ein Sorgerecht wahrgenommen wird.
SCHULEN
Schüler und Lehrer müssen sich für die Teilnahme am Präsenzunterricht zweimal pro Woche testen lassen. Ab einer Inzidenz von 100 ist Wechselunterricht vorgeschrieben, ab einem Wert von 165 nur noch Distanzunterricht erlaubt.
ARBEITSWELT
Firmen müssen den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit anbieten, diese in der eigenen Wohnung auszuführen, "wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen". Die Beschäftigten müssen dieses Angebot annehmen, "soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen". Die Vorgabe gilt unabhängig von der Inzidenz.
Wer nicht im Homeoffice arbeiten kann, dem muss die Firma einmal wöchentlich einen Test anbieten. Beschäftigte mit häufigem Kundenkontakt oder in körpernahen Dienstleistungen haben bislang das Recht auf zwei Tests pro Woche. Demnächst müssen generell zwei Tests pro Woche angeboten werden.
EINZELHANDEL
Läden des täglichen Bedarfs wie etwa Supermärkte oder Drogerien bleiben wie bisher unabhängig von der Inzidenz geöffnet - alle anderen werden geschlossen. Bei einer Inzidenz zwischen 100 und 150 ist allerdings Shoppen nach vorheriger Terminbuchung möglich. Voraussetzung ist unter anderem ein negativer Corona-Test. Ab einer Inzidenz von 150 soll nur noch das Abholen bestellter Waren möglich sein.
SPORT
Es ist nur die "kontaktlose Ausübung von Individualsportarten" erlaubt - und zwar allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands. Bei Kindern gilt eine Obergrenze von fünf. Zulässig ist zudem der Wettkampf- und Trainingsbetriebs der Berufssportler und der Leistungssportler der Bundes- und Landeskader - aber nur ohne Zuschauer und mit Hygienekonzept.
FREIZEIT UND KULTUR
Freizeitparks, Indoorspielplätze, Schwimmbäder, Diskotheken, Clubs, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Prostitutionsstätten bleiben ebenso geschlossen wie Theater, Opern, Konzerthäusern, Bühnen, Musikclubs, Kinos, Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten.
ZOOS UND BOTANISCHE GÄRTEN
Die Außenbereiche solcher Einrichtungen sollen weiter öffnen können, wenn "angemessene Schutz- und Hygienekonzepte" eingehalten werden. Außerdem müssen Besucher ab sechs Jahren einen negativen Corona-Test vorweisen.
WEITERE REGELUNGEN
An Veranstaltungen anlässlich von Todesfällen - etwa Beerdigungen - dürfen maximal 30 Menschen teilnehmen. Friseure und Fußpfleger dürfen auch bei Inzidenzen über 100 am Kunden arbeiten. Für Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr sind FFP2-Masken vorgeschrieben; bei Kontroll- und Servicepersonal, das Kontakt zu den Passagieren hat, reicht eine OP-Maske.
VERORDNUNGEN
Weitere Maßnahmen kann der Bund per Rechtsverordnung erlassen, Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen. Explizit wird die Bundesregierung ermächtigt, Erleichterungen für Menschen festzulegen, die vollständig geimpft sind. Auch für negativ Getestete soll es Ausnahmen geben können.
LAUFZEIT
Das Gesetz soll so lange gelten, wie der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt - "längstens jedoch bis zum Ablauf des 30. Juni 2021".
KLAGEN
Wer wegen eines Verstoßes gegen die künftige Notbremse zur Eindämmung der Corona-Krise verstößt und ein Bußgeld bekommt, kann dagegen vor einem Verwaltungsgericht klagen. Zudem gibt es die Möglichkeit der vorbeugenden Feststellungsklage, mit der geklärt wird, ob jemand tatsächlich von der Regelung betroffen ist. Schließlich bleibt der Weg zum Bundesverfassungsgericht.
Weite Teile Deutschlands von Bundes-Notbremse betroffen
Bundesweit lag die Inzidenz am Mittwoch bei 160,1. Am Vortag wiesen 359 von 412 Kreise eine Inzidenz von über 100 auf. Betrachtet man die Bundesländer, so lagen weite Teile Deutschlands am Mittwoch über der 165er-Schwelle, nämlich Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.