Denkmalschutz: Schonfrist für Tausendfüßler

Die Entscheidung über die Zukunft der Hochstraße fällt erst im nächsten Jahr.

Düsseldorf. Die endgültige Entscheidung über die Zukunft des Tausendfüßlers steht nach wie vor aus. Aber die Wendung, die NRW-Bauminister Harry Voigtsberger (SPD) dem Streit um die Hochstraße am Mittwoch gab, sorgt im Rathaus für Aufregung. Zur Vorbereitung seiner Entscheidung, ob die unter Denkmalschutz stehende Hochstraße abgerissen werden darf, werde er nun ein „unabhängiges Gutachten einholen“, das Auskunft darüber geben soll, „wie stark die Stahlbetonkonstruktion geschädigt ist“. Denn die Frage der „dauerhaften denkmalgerechten Erhaltungsfähigkeit ist von entscheidender Bedeutung“, teilte Voigtsberger mit. Das Gutachten soll im ersten Quartal 2012 vorliegen.

Damit dürfte sich der von der Stadt geplante Abriss des Tausendfüßlers verzögern. Aus dem Rathaus ist zu hören, dass der Bebauungsplan für den zweiten Bauabschnitt des Kö-Bogens, der den Fall der Hochstraße vorsieht, zwar wie geplant im Stadtrat am 15. Dezember beschlossen werden soll — aber als Vorratsbeschluss. Heißt: Solange es keine Entscheidung gibt, schafft die Stadt keine Fakten.

Dennoch gab sich OB Dirk Elbers am Mittwoch gelassen, ja, er äußerte sogar Verständnis für den Minister: „Er greift unsere Argumentation auf, denn die Frage der technischen Erhaltungsfähigkeit haben wir bereits selbst in einer Machbarkeitsstudie, die dem Ministerium vorliegt, geprüft.“ Im Klartext: Wenn der Gutachter wie zu erwarten den Tausendfüßler per Röntgenstrahlen durchleuchtet, werde sich zeigen, wie marode er ist — glaubt die Stadtspitze. Und weil die Sanierung dann nicht nur sehr teuer wäre, sondern vor allem das Bauwerk auch so verändern dürfte, dass der Denkmalschutz nicht gewahrt werden kann, spräche nichts mehr für den Erhalt.

So sieht das auch Elbers’ Bündnispartner Manfred Neuenhaus von der FDP: „Der Beton hat es nach 40 bis 50 Jahre einfach hinter sich.“ Die Zeitverzögerung durch das Gutachten sei zwar „ärgerlich, aber kein echtes Problem“. Immerhin sei jetzt ein Ende der Debatte absehbar.

Auch die Opposition, die für den Erhalt des Tausendfüßlers ist, fühlt sich durch die Entwicklung bestätigt — allerdings hat sie eine andere Interpretation: „Der Schritt des Ministers ist ein klares ,Mangelhaft’ für den Abrissantrag der Stadt, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat“, meint SPD-Fraktionschef Markus Raub. Und Norbert Czerwinski (Grüne): „Schwarz-Gelb wollte starrsinnig das Projekt Kö-Bogen durchboxen. Nun wird eine Denkpause erzwungen, in der die Stadt die Arbeiten am Süd-Nord-Tunnel unterbrechen und endlich neue Varianten entwickeln muss.“