Der Modellbaukasten aus der Frischetheke

Tobias Modjesch und Martin Beiten bieten mit ihrer Firma Youcook „Kochkits“ für 4,95 Euro an.

Düsseldorf. Irgendwann kam der Punkt, da wusste Tobias Modjesch: So geht es nicht weiter. Der 32-jährige Unternehmensberater war unglücklich in seinem Job, und seinem Studienfreund Martin Beiten (32) ging es ganz ähnlich: „Wir haben uns dann überlegt, was uns privat am meisten Freude bereitet“, sagt Modjesch. Die Antwort bei beiden: Essen.

Aber vor dem Essen muss man nun mal kochen, und dabei hängt das Gelingen des Projekts immer von den selben drei Unwägbarkeiten ab: Qualität der Zutaten, Talent des Kochs und — vor allem bei Berufstätigen — die zur Verfügung stehende Zeit. Auf diesen drei Voraussetzungen eine Geschäftsidee zu gründen, klingt reichlich verwegen.

Wenn also die Qualität der Zutaten gut ist, das Talent des Kochs egal und die Zubereitungszeit nicht länger als zehn Minuten dauert, dann könnte es klappen, so die Idee der beiden Existenzgründer. Und tatsächlich, seit März 2012 sind die „Kochkits“ für 4,95 Euro ihrer eigenen Firma Youcook in deutschen Supermärkten erhältlich.

Ein wenig erinnern die Menüs an die Modellbaukästen aus Kindertagen, nur eben appetitlicher. Alle Zutaten werden einen Tag vor der Auslieferung küchenfertig zubereitet — also alles ohne lästiges Schnibbeln. Gemüse, exotische Gewürze und Soßen, Couscous oder vorgegarter Reis und dazu jeweils Tofu oder frisches Fleisch, das sind die einzelnen Bauteile der Fast-Fertigküche aus Düsseldorf.

Viele Gerichte sind asiatischer Herkunft, südeuropäische Gerichte werden gerade entwickelt. „Unsere Produkte sollen immer etwas Besonderes sein, was man sonst nur im Restaurant bekommt“, sagt Modjesch.

Aber der Weg bis in die Frischetheken der Supermärkte war weit. „Wir kommen aus ganz anderen Branchen“, sagt Modjesch. Er selbst kommt aus der Welt der Banken und Finanzen, sein Partner aus der IT-Branche. Also hieß es erst mal ein halbes Jahr lang die Märkte in Deutschland, England, Belgien und den Niederlanden sondieren.

„Wir haben uns durch unzählige Mikrowellengerichte gefuttert“, sagt Modjesch. Das Vergnügen war wohl gering. „Uns ist häufig aufgefallen, dass man für sein Geld sehr wenig Qualität bekommt. Oft gibt es nur Fett und Kalorien, vor allem in Belgien und den Niederlanden.“ In Deutschland dagegen sind ihnen besonders die hochwertigen Mogelpackungen aufgefallen. „Die Qualität ist zwar besser, aber von den Mengen kann man gar nicht satt werden“, sagt er.

Und dann kam irgendwann der Teil, von dem sie als Fachfremde am wenigsten Ahnung hatten — die Produktion. Wo bekommt man frische Zutaten her, mit welcher Maschine füllt man das Gemüse in den Beutel und mit welcher die Soße? Als besonders schwerer Fall erwies sich übrigens die Soja-Sauce: Sie schäumt bei der Abfüllung. „Wir haben als Industrieneulinge ein ganzes Jahr gebraucht, um uns in die Materie einzuarbeiten.“

Emotionaler Höhepunkt des Abenteuers war — neben dem Tag der Kündigung —, das Produkt nach zwei Jahren Entwicklungsarbeit zum ersten Mal im Supermarkt zu sehen. Heute hat Youcook 13 Mitarbeiter. Im nächsten Jahr wollen die Verantwortlichen der Firma in deutschen Supermärkten flächendeckend vertreten sein. In Belgien sind sie es bereits. Andere Länder sollen folgen.

Bei Tobias Modjesch und Martin Beiten hat der Schritt in die Selbstständigkeit funktioniert. So gut, dass sie natürlich auch im Urlaub mit dem Gaumen auf Entdeckungsreise gehen. „Das lässt einen einfach nicht mehr los“, gesteht Modjesch.