Interview mit Niklaus Fritschi, Architekt der Rheinuferpromenade: "Klare Kante für den Hofgarten"

Niklaus Fritschi, Architekt der Rheinuferpromenade, über Kö-Bogen und Bürgerentscheid.

Herr Fritschi, Sie sind Architekt der Rheinuferpromenade. Sind Sie noch zufrieden mit dem Projekt?Niklaus Fritschi: Ja, ich freue mich jedes Mal, wenn ich die vielen Menschen dort sehe. Das ist ein gewaltiger Gewinn für die Stadt. Hat Sie der Erfolg überrascht oder war er planbarFritschi: Das Ziel ist immer, Leben zu initiieren. Wir - meine Partner und ich - waren uns schon sicher, dass das gelingen würde. Eine Stadt am Wasser, die keinen Wasserkontakt hat, ist ein Unding, es ist eine strangulierte Stadt. Durch die Promenade wurde ein Ventil geöffnet und die Düsseldorfer haben es mit Leben gefüllt. Am Rheinufer treffen sich Menschen jeden Alters und aller Schichten. Der Rheinufertunnel wurde immer als Jahrhundertprojekt bezeichnet, der Kö-Bogen auch. Ist der Vergleich zulässig?Fritschi: Die Öffnung zum Fluss ist natürlich einmalig. Aber die Nahtstelle zwischen Kö und Hofgarten, Alt- und Neustadt ist die vielleicht wichtigste Schlüsselstelle in der Stadt. Der Jan-Wellem-Platz verdient heute die Bezeichnung Platz nicht, er ist nur eine Verkehrsfläche. Auch dem ehemals umbauten Schadowplatz fehlt eine klare Fassung. Der Hofgarten war vor dem Krieg allseitig durch Bebauung räumlich gefasst, das ist am Jan-Wellem-Platz durchbrochen. Er ist die einzige gravierende Wunde, die vom Zweiten Weltkrieg übrig ist. Das zu reparieren, ist schon eine Jahrhundert-Chance. Welche Chancen sehen Sie da?Fritschi: Ganz wichtig ist es, die Zusammenhänge der grünen Räume wieder herzustellen, also die Verbindung von Kö und Hofgarten. Elementar ist auch, dass der Flaschenhals in Ost-West-Richtung zwischen Altstadt und Schadowstraße geöffnet und einladend gestaltet wird. Es sollte eine Zone sein, wo Leben stattfinden kann. Dazu braucht es auch kommunikative Nutzungen im Erdgeschoss der Neubauten - Cafés, Galerien und Läden. Wie gefallen Ihnen die geplanten Bürohäuser am Wellem-Platz?Fritschi: Mit der Höhe habe ich gar kein Problem. Der Hofgarten hat überall klare Raumbegrenzungen durch drei- bis viergeschossige Bebauung. Auch an dieser Stelle brauchen wir eine Kante. Es gibt deshalb keinen Grund, mit der Gebäudehöhe runterzugehen. Was nicht heißt, dass ich mir die Baukörper und die Fassaden nicht lebendiger vorstellen kann. Die Fassaden-Entwürfe wurden wie eine Tapete gleichförmig um die Gebäude herumgelegt. Dabei haben wir verschiedene räumliche Herausforderungen. Es gibt Fassaden Richtung Kö, Schadowplatz, Gründgens-Platz und Hofgarten. Ich weiß nicht, weshalb die gleich aussehen sollten. Nicht nur an der Fassade, auch an der massiven Verdichtung gibt es viel Kritik. Teilen Sie die?Fritschi: Klar ist: Die Wirtschaftlichkeit hängt von der realisierten Fläche ab. Aber da gibt es viele Möglichkeiten. Warum gibt es nicht an einer Stelle ein Ausrufezeichen - kein Hochhaus, aber vielleicht einen Turm? Was ist aus Ihrer Sicht bei der Entwicklung schief gelaufen?Fritschi: Ich finde, der ursprüngliche Ingenhoven-Entwurf mit den zwei linsenförmigen Baukörpern war genial. Der hat genau erfüllt, was an dieser Stelle notwendig ist: Eine klare Kante zum Hofgarten, der Schadowplatz war schön gefasst mit einer guten Durchwegung zum Park. Das hat mich begeistert. Dann haben zu viele Köche in dem Brei herumgerührt. Wäre nicht ein städtebaulicher Wettbewerb sinnvoll gewesen?Fritschi: Grundsätzlich bin ich ein Freund davon. Aber wir hatten ja einen guten Entwurf. Meines Erachtens hätte man die Bürger früher in den Prozess einbinden sollen. Die Bürger müssen das Gefühl haben, dass sie gehört werden. Das ist versäumt worden. Der Fassadenwettbewerb war nur ein verspätetes Pflästerchen. Angenommen, der Bürgerentscheid würde den Verkauf der Grundstücke verhindern, was sollte dann geschehen?Fritschi: Das ist eine politische Entscheidung. Von der Architektur her böte sich die Chance, nochmal gewisse Entscheidungen zu überdenken. Das heißt aber nicht, dass die Grundidee in Frage gestellt werden darf. Da stecken zu viele Chancen drin. Auch um den dazu nötigen langen Tunnel gibt es viel Streit...Fritschi: Mag sein, aber die Chance, den geteilten Hofgarten wieder zusammenzubringen, sollte man nicht vertun - auch wenn da hinterher noch eine Straßenbahn fährt. Man sollte die Menschen, die von einem Teil des Hofgartens zum anderen wollen, nicht in ein dunkles Loch, also durch eine Unterführung schicken müssen. Stichwort Tausendfüßler. Sein Fall ist beschlossen. Schade drum?Fritschi: Das ist ein sehr elegantes Bauwerk. Natürlich kann man auf dem Standpunkt stehen, es zu erhalten. Aber welche Bedeutung soll es in Zukunft haben, wenn es parallel einen Tunnel gibt? Soll das sanierungsbedürftige Werk etwa als funktionsloses Monument dastehen? Pflanzt man Blümchen drauf? Für mich ist der Tausendfüßler nicht sakrosankt. In der Tat gibt es Vorschläge, eine begrünte Fußgängerzone daraus zu machen.Fritschi: Welche Gründe sollte es geben, dort oben zu promenieren? Ich sehe keine. Im zweiten Bauabschnitt sind weitere Bauten geplant: Einer soll den Gründgens-Platz abriegeln. Darf man den Blick auf Dreischeiben- und Schauspielhaus zubauen?Fritschi: Ja, man darf. Eine Stadt ist interessantester, wenn man nicht alles auf den ersten Blick übersehen kann. Natürlich ist die Dualität von Dreischeiben- und Schauspielhaus als Postkartenmotiv äußerst fotogen. Aber laden die Räume auch ein, sich dort aufzuhalten? Der Gründgens-Platz ist nicht mit Kosmetik zu retten. Er muss durch kommunikative Gebäude gefasst werden, dann kommt auch Leben dorthin. Der Platz ist ein typisches Ergebnis des modernistischen Städtebaus: ein in alle Richtungen wegfließender, zugiger Raum, wo man sich nicht aufhalten mag. Urbanes Leben kann sich nur in klar gefassten Räumen entfalten. Werden Sie am Sonntag zur Abstimmung gehen?Fritschi: Nein. Ich bin Schweizer, ich darf nicht abstimmen.