Schwere Zeiten für Redner: Narren wollen nur noch feiern

Die Fraktion Party ist auf dem Vormarsch. Viele Vereine springen auf den Zug: Viel Musik, kaum noch Platz fürs gesprochene Wort.

Düsseldorf. Als vor elf Jahren die KG Regenbogen gegründet wurde, führte Präsident Lothar Hörning die Sitzungs-Party ein. Da wurde eben nicht gesessen, es wurde gefeiert, zwischendurch mit ein paar Einlagen wie einer Persiflage auf eine „Zehn-Minuten-Sitzung“ oder dem Auftritt eines schwulen Tanzpaars. Ohne Reden. Immer ausverkauft. „Das ist im Moment zeitgemäß“, sagt Hörning.

Inzwischen haben andere Vereine das Konzept übernommen. Die Rheinische Garde Blau-Weiß feierte ihre Sitzung ganz ohne Büttenredner. „Unsere Gäste möchten lieber Party machen“, sagt Präsident Dirk Kronauer. Die Prinzengarde Rot-Weiss feierte erstmals mit „Us de Lamäng“ nur mit Musik. Andere Vereine lassen am Anfang einen oder zwei Büttenredner auftreten, um dann in den mehrstündigen Party-Marathon überzuleiten.

Für Jürgen Hilger-Höltgen, der elf Jahre Hoppeditz war und einziger Stamm-Büttenredner der Fernsehsitzung ist, eine bedenkliche Entwicklung: „Man muss sich mal überlegen, woher der Karneval kommt. Das war die Gelegenheit der Bürger, den Oberen ungestraft sagen zu können, was sie denken. Das ist ein Stück rheinischer Kultur, was immer mehr in Vergessenheit gerät.“

In den vergangenen Jahren sei es für Büttenredner immer schwieriger geworden. „Ich bin fünf oder sechs Jahre bei der großen Sitzung der Prinzengarde Rot-Weiss aufgetreten. Aber die Leute haben nicht zugehört“, so Hilger-Höltgen, „Mit der gleichen Rede habe ich danach bei den Weissfräcken den Saal abgeräumt.“ Man könne sich sein Publikum auch erziehen: „Natürlich sollen die Leute auch feiern. Aber wenn die Entwicklung so weitergeht, können wir uns ein Projekt wie Pänz in den Bütt schenken.“

„Eine Sitzung ohne Büttenrede ist keine Sitzung mehr“, ist die Überzeugung von Stefan Kleinehr, Literat des Carnevals Comitees und Präsident des AVDK. In Köln hat längst eine Gegenbewegung eingesetzt, dort gibt es inzwischen „Flüster-Sitzungen“, die durchweg ausverkauft sind.

Kleinehr: „Da wird nicht nur großen Wert auf das gesprochene Wort gelegt. Alle Musiker treten auch ohne Verstärker auf, so wie es früher war.“ In der nächsten Session will der AVDK auch in Düsseldorf die erste „Flüster-Sitzung“ veranstalten.

Es geht auch anders. Das meint Engelbert Oxenfort, der Präsident des Carnevals Comitees: „Entscheidend ist das Publikum. Ich war bei der Sitzung der Düsseldorfer Originale. Da ist nach 23 Uhr Willibert Pauels aufgetreten und alle haben zugehört. Es kommt immer auf die Qualität der Rede an.“

Das sieht auch Lothar Hörning so, der sich inzwischen selbst um die Kultur im Karneval sorgt: „Das ist eine Aufgabe für den neuen CC-Präsidenten. Die Büttenredner sollen sich wieder Gedanken machen, wie sie Menschen erreichen. Das fängt bei den Themen an.“