Vom Netzwerken und von Salatbelohnungen
WZ-Mitarbeiter Matthias Rech berichtet vom Miet-Acker in Niederkassel
Düsseldorf. Zuversicht sieht anders aus. Bauer Andree, ja der aus Kappes-Hamm, gibt offen zu: „Ich war am Anfang wirklich skeptisch, ob das was wird.“ Gesagt hat er das bei der großen Info-Vorbesprechung zur Ackersaison 2013 in einem Hammer Pfarrgemeindesaal. Da stand der Gemüse- und Blumenbauer vor der zweiten Saison, in der er die Großstadtbauern auf seinen Äckern wurschteln lässt — gegen Miete versteht sich.
Und nachdem zum zweiten Mal kleingärtnerische Bedenken wie pflanzliche Unordnung, auf andere Parzellen überhängende Sonnenblumen sowie die alles überschattende Frage „Ist das dann auch Bio?“ geklärt waren, sagte der gute Landwirt leicht ermüdet: „Es ist toll, zu sehen, wie viel Spaß die Menschen beim Gärtnern haben.“ Das ist jetzt fast vier Monate her, und es stimmt immer noch.
Bürotäter, die in ihren Mittagspausen vorgeschältes und in Häppchen geschnittenes Obst aus Plastikbechern essen, stehen plötzlich mit erdigen Händen an der Gerätekiste und fachsimpeln über den Keimungsstand von Zuckermais und die besten Schuffeltechniken. Eine Bewusstseinserweiterung. Ein Wissenstransfer, der nicht einseitig bleiben muss, wie der Gemüseacker zu dem auch unser Stückchen Land zählt, beweist. Denn dort wurde das hohle Businesswort „Networking“ mit völlig neuer Bedeutung erfüllt.
Offenbar sind da PR-Berater, Lokalpolitiker oder Eventmanager zu Gemüsegärtnern geworden. Im Vernetzen sind die meisten jedenfalls ganz groß. Die Pallette reicht vom Kreativ-Vernetzer, vermutlich aus der Medien- oder Werbebranche, dessen Ackerstück mal hier, mal da einen weißen grünen oder schwarzen Fetzen Kaninchenschutz aufweist.
Oder den Abteilungsleiter, bei dem jede Gemüsesorte ihr Fraßschutz-Büdget bekommt und schön sauber von den anderen abgetrennt wird. Und schließlich der Typ väterlicher Vorstandschef, der einfach die gesamte Scholle einnetzt. Auch da wo noch nichts wächst und auch bei den Gemüsesorten, die es gar nicht nötig haben. Es lebe die Vernetzung. Netzwelten im Beruf und auf dem Acker.
Auch unser Acker ist gut vernetzt, was vor allem daran liegt, dass wir im vergangenen Jahr den Gerechtigkeitssinn einer benachbarten Schafherde bezüglich unseres Grünkohls maßlos überschätzt hatten. Der Lohn wurde am Sonntag ausgezahlt: je zwei Köpfe roter Eichblattsalat und Lollo Rosso. Das ist eine prompte Bezahlung fürs Netzwerken, die man sogar essen kann. Das gibt’s im Beruf doch eher selten.