Von der beschaulichen Altstadt zur bunten Partyzone
Wie sich das Herz der Stadt verändert hat, zeigt ein Blick auf Prospekte und Reiseführer.
Düsseldorf. Das beste Stück Düsseldorf oder Absturz zur tumben Ballermann-Meile? Um den Charakter der Altstadt hat es in den vergangenen Monaten viele Debatten gegeben. Schon lange ist sie jedoch ein starkes Argument für einen Besuch der Landeshauptstadt. Ein Blick zurück ab den 1920er Jahren in Broschüren, Reiseführer und Mini-Kataloge zeigt, wie früher mit der Altstadt geworben wurde.
In einem Reiseführer des Presseamtes, „Düsseldorf und die große Ausstellung 1926“ (Gesolei), wird die beschauliche Altstadt als Laufsteg hervorgehoben, wo in „niederen und verräucherten Kneipen der Volkscharakter dieser frohen Stadt zutage tritt.“ Ein Reiseführer der 1930er Jahre hatte eine Antwort auf die Suche nach DEM Düsseldorfer parat: „Man begegnet ihm am leichtesten in den berühmten Altbierkneipen. Der Humor ist das Hervorstechende des Düsseldorfer Volkscharakters. Er ist nicht eben sehr geistreich, aber derb, kräftig, von starker, aber eintöniger Farbe, von packender Gegenständlichkeit, Umwege und Abschweifungen vermeidend, geradewegs aufs Ziel zustampfend wie ein Bauer auf Klompen.“
Eine Broschüre für Gäste der „Reichsausstellung Schaffendes Volk Düsseldorf“ 1937 empfahl die Altstadt für alle diejenigen, die den gemütlichen Winkel suchen: „Alte Gaststättenkultur verbreitet eine Atmosphäre biederer Geselligkeit und natürlicher Heiterkeit, der sich keiner entziehen kann.“ Und ein Werbe-Zitat aus 1940 lautete: „Wer Düsseldorf verlässt, blickt neidisch auf die zurück, die dort bleiben dürfen.“ Ein Führer von 1952 legt Besuchern dann „die Abendgaststätten, die dancings, die night-clubs, die mit klingendem Namen und Lichtreklamen locken“, ans Herz.
In den wilden 1968ern hieß es, ausgehend von der sinkenden Einwohnerzahl der Altstadt: „Hier überlässt man das Feld dem Vergnügen, welches an diesem Ort so hohe Schallwellen schlägt, dass es den Schlaf verdrängt. Düsseldorfs Altstadt ist — heute mehr denn je — das Dorado der Lebensfrohen aller Schattierungen, von den Liebhabern deftigen Altbiers bis zu den polyglotten Freunden von Whisky, Wodka und Slibowitz, vom frankophilen Gourmet bis zum einheimischen Muschel-, Hering- und Eisbeinesser.“
„Wem das alles entweder zu deftig oder zu versnobt, auf jeden Fall aber zu wenig intellektuell ist, der kann’s auch anders haben. Er kann Galerien besuchen und nach der Vernissage mit Künstlern und deren Gefolge diskutieren. Maler-Pinten, Saloons und neuerdings sogar Beatschuppen à la New York mit künstlerisch inszenierten Lichtspielen, kostenloser Darbietung von aktuellen Werken genialischer Jungfilmer und nicht zuletzt einer erlesenen Auswahl von Protestkluft und Superminis stehen bereitwillig und zu durchaus zivilen Preisen zur Verfügung. An solchen Orten treffen sich Intelligenz und Neo-Folklore, protestierende Jugend und aufgeklärtes Establishment. Die Altstadt versöhnt Klassen und Nationen, sie hat Platz für alle, für den Snob und den Beatnik, sie ist kosmopolitisch wie nie zuvor, ohne ihre Tradition zu verleugnen.“
Verschiedene Illustrierte wurden in den 1970er Jahren u.a. vom Amt für Fremdenverkehr herausgegeben, um Messegäste und Kongressbesucher auf Düsseldorf und im Besonderen auf den kleinen Quadratkilometer am Rhein einzustimmen. In den Folgejahren gab es dann regelmäßig Schlagzeilen in den Zeitungen und Magazinen, die sich um das Image der Altstadt Sorgen machten. Parallel dazu starteten zahlreiche Unternehmungen — die Altstadt-Gemeinschaft und die Gründung des Altstadtherbstes gehörten dazu —, welche die Überflutung mit Imbissbuden und Vergnügungslokalen sowie den Rückzug alteingesessener Bürger eindämmen wollten.
Während Düsseldorf heute im Internet mehr oder weniger deutlich als Hauptstadt der Junggesellen-Abschiede tituliert wird, weist die Messe in ihren Broschüren auf Jazz Rally, Frankreichfest und „ProWein goes City“ hin. Ebenso wirbt die Altstadt-Marketing GmbH 2011 mit einer Broschüre, die von der Altstadt als pulsierendem Herzstück der Landeshauptstadt spricht und ihrer erlebnisreichen Mischung aus Geschäften, Galerien, Kulturstätten, Kneipen, Bäckereien, Mode-Boutiquen. Ob diese Kommunikation gegen die imageprägende Partyflut im Internet ankommt, darf bezweifelt werden.