„Bützen bis der Arzt kommt“ Karneval, Corona und die Politik
Köln/Düsseldorf · Am Donnerstag beginnt wieder das närrische Treiben. Dieses Jahr können die Karnevalisten bei der Politsatire aus dem Vollen schöpfen. Zwei jecke Politiker können allerdings selbst nicht mitfeiern, sie müssen nach Berlin. Und dann gibt es noch den Corona-Virus.
Am Donnerstag bricht in den Karnevalshochburgen wieder der närrische Frohsinn aus. Mit Weiberfastnacht oder Altweiberdonnerstag beginnt der Straßenkarneval. Selten dürfte die Bundespolitik den Narren so viele Vorlagen geliefert haben wie in den vergangenen Wochen.
Der Kölner Rosenmontagszug sei deshalb dieses Jahr „ganz aktuell unterwegs“, versprach Holger Kirsch, der Leiter des größten deutschen Karnevalszugs, der Deutschen Presse-Agentur. So habe man schnell noch einen Wagen zur Wahl von Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten gebaut. Auch das Kandidatenkarussell zur Nachfolge der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer wird aufgegriffen.
Der Coronavirus werde sich eher nicht auf das Karnevalsgeschehen auswirken, sagte Kirsch. „Wenn man bedenkt, dass durch unsere ganz normale Grippe viel, viel mehr Menschen betroffen sind als durch diesen Coronavirus, mache ich mir überhaupt keine Sorge, dass wir an Rosenmontag nicht bützen können, bis der Arzt kommt.“
In vielen Städten stürmen an Weiberfastnacht die Frauen die Rathäuser und übernehmen symbolisch die Macht. So nehmen in Düsseldorf die alten „Möhnen“ den Oberbürgermeister gefangen. In Bonn-Beuel - einem der Ursprungsorte der Frauen-Ermächtigung zu Karneval - greifen die Waschweiber an. In Köln fordert das Dreigestirn die Stadtschlüssel ein. Dort sind immer mit Abstand die meisten Besucher von auswärts, was in der Vergangenheit mitunter allerdings auch schon mal zu unschönen Alkoholexzessen geführt hat.
Für die Polizei ist das närrische Treiben eine Herausforderung. Allein in Köln sollen am Donnerstag 1000 Polizisten auf den Straßen sein, vor allem in der Innenstadt, in der Südstadt und im Studentenviertel rund um den Zülpicher Platz. „Gewalttätern werden wir frühzeitig die Rote Karte zeigen und sie in Gewahrsam nehmen“, kündigte Polizeidirektor Michael Tiemann an.
Im Kölner Rosenmontagszug wollen die Behörden dieses Jahr rigoros gegen zu schwere Reiter und Kutschen vorgehen. „An der Stelle haben wir eine Null-Toleranz-Strategie“, sagte Zugleiter Kirsch. Reiter, die inklusive Ausrüstung mehr als die Obergrenze von 20 Prozent des Pferdegewichts auf die Waage bringen, müssten damit rechnen, kurzfristig vom Umwelt- und Verbraucherschutzamt aus dem Zug genommen zu werden. Ein Pferd im Kölner Karneval wiegt im Schnitt zwischen 550 und 600 Kilogramm. Ein Reiter darf - ohne Ausrüstung - bis zu 90 Kilo wiegen.
Der Einsatz von Pferden ist seit vielen Jahren umstritten. Beim Kölner Rosenmontagszug 2018 waren zwei Tiere einer Kutsche durchgegangen, es gab mehrere Verletzte. Danach wurden die Regeln für die Teilnahme von Pferden verschärft.
Zwei karnevalsbegeisterten Spitzenpolitikern aus NRW verhagelt in diesem Jahr die politische Großwetterlage die Teilnahme an den traditionellen Rosenmontagszügen im Rheinland. Wegen der Nachlese der Bundesparteipräsidien zur Hamburger Bürgerschaftswahl und der ungelösten Führungsfrage in der CDU müssen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans diesmal an Besprechungen in Berlin teilnehmen.
„Schrecklich“ findet Laschet den Umstand, durch „irgendwelche komischen Sitzungen“ den Rosenmontag erstmals außerhalb des Rheinlands verbringen zu müssen. Der Kölner Walter-Borjans hofft, abseits der großen Züge noch Gelegenheiten zu finden, im Outfit der „Goldenen Zwanziger“ mitzufeiern.