Kirchen in NRW Kirche St. Maria in Düsseldorf: Alles dreht sich um das „Gehöft Gottes“

Die Kirche St. Maria in den Benden im Düsseldorfer Süden sollte zu einer Arbeitersiedlung passen. Wer näher hinsieht, entdeckt in dem Gotteshaus eine Menge von originellen und verspielten Details, sogar ein kleines Teufelchen. Mit seinen Ideen war Architekt Emil Steffann damals seiner Zeit weit voraus.

Düsseldorf. „Machen Sie aus der einen Pfarrei Rosenkranz vier Pfarreien!“ Diesen Auftrag erhielt der damalige Pfarrer von St. Maria Rosenkranz, Heinrich Adelkamp, Anfang 1953 aus Köln. „So viele sind es dann doch nicht geworden, aber immerhin zwei“, weiß Martin Kürble, Pastoralreferent der Pfarrgemeinde Rheinbogen, zu der auch die Kirche St. Maria in den Benden am Dechenweg in Düsseldorf-Wersten gehört. Von außen wirkt die Pfarrkirche wenig einladend, aber wer genau hinsieht, wird entdecken, dass sie tatsächlich ein echtes architektonisches Schmuckstück ist.

Errichtet ist sie auf einem Gelände, das lange Zeit überhaupt nicht besiedelt werden konnte. Kürble: „Bende heißt eigentlich Feuchtwiese.“ Erst als Deiche gebaut und Wiesen trocken gelegt wurden, konnten dort Häuser gebaut werden. Eine Arbeitersiedlung, denn im Düsseldorfer Süden standen damals die Fabriken. Gesucht wurde ein Architekt, der eine Kirche schafft, die in das Umfeld passte. Die Wahl fiel damals auf Emil Steffann, der auch viele andere Gotteshäuser gestaltet hat. Er entwarf St. Maria in den Benden zusammen mit seinem Assistenten Nikolaus Rosiny.

Foto: St. Maria in den Benden

Im September 1955 begann die Vorplanung. Von dem ersten Spatenstich bis zur Einweihung im September 1959 dauerte es nur eineinhalb Jahre. Der Kirchenvorstand hatte beschlossen, der neuen Kirche den Namen „St. Maria in den Benden“ zu geben, um auf die Landschaft hinzuweisen, auf der das Gotteshaus errichtet wurde. Mitte der 90er Jahre wurde die Gesamtanlage der Kirche unter Denkmalschutz gestellt.

„Steffann war ein Visionär, der im Prinzip das verwirklichte, was später im Vatikanischen Konzil beschlossen wurde“, erklärt der Pastoralreferent. Typisch sei der Gedanke, die Kirche wie einen Hof anzulegen, das „Gehöft Gottes“, in dem alles unter einem Dach stattfindet. Herzstück ist der Innenhof, um den sich alles dreht. Direkt gegenüber dem Altar-Raum ist der Kindergarten. Kürble: „Im Sommer können die Jungen und Mädchen in Schluppen zum Kindergottesdienst gehen.“

An einer Hof-Seite befindet sich der Pfarrsaal, in dem sich das Gemeindeleben abspielt. Gegenüber war früher das Pfarrbüro, das aber nicht mehr benutzt wird, weil die Rheinbogen-Gemeinde inzwischen zentral verwaltet wird. Die Räume werden zum Teil von der polnischen Gemeinde belegt, die St. Maria in den Benden ebenfalls für Gottesdienste nutzt. Die Idee des Hofes wird in der Kirche weiterentwickelt. Die schräge Holzdecke über dem Altar erinnert an den Stall von Bethlehem.

Der zweite Grundgedanke des Architekten war, dass die Kirche optisch in eine Arbeitersiedlung passt. Das erkennt man nicht nur an der Außenfassade, die mit ihren dunkelroten Mauern eher einfach aussieht. Als der Rohbau fertiggestellt war, kam tatsächlich das Wort auf: „Das sieht wie eine Scheune aus.“ Steffann reagierte: „Gott sei Dank, sie haben es gemerkt. Es soll ja eine sein!“ Auf einen Glockenturm verzichtete Steffann ganz, stattdessen hängt die Glocke an der Seite. Pragmatische Architektur. Die Glocke wurde bei ihrem Guss übrigens mit einem einen Spruch von Angelus Silesius verziert: “Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein, als wenn das Menschenherz mit Gott stimmt überein.“

Aber es lohnt sich, auf das Detail zu achten. „Fällt Ihnen an dem Kreuz etwas auf?“, fragt Kürble und ist sichtlich gespannt auf die Antwort. Tatsächlich sieht das Kreuz beim näheren Hinsehen aus wie ein Kreuzschlüssel, mit dem man die Reifen des Autos wechselt. Das ist kein Zufall. Das untere Ende reicht allerdings bis in den Innenraum der Kirche und ist dort fest verankert. Ein Symbol für die Bodenhaftung, die der Gemeinde Kraft geben soll.

Ähnliche verspielte optische Überraschungen finden sich in dem ganzen Gotteshaus. Sogar ein kleines Teufelchen hat hier seinen Platz — allerdings nur außen am Türknauf. Kürble: „Er ist der Einzige, der im Gehöft Gottes nicht willkommen ist.“

Wer die Kirche betrifft, sieht sofort den großen steinernen Brunnen, der kurz hinter der Eingangstüre steht. Der könnte so auch auf einem Bauenhof stehen. „Das ist unser Taufbecken,“ erklärt Kürble. Auch das ist nicht einfach nur eine „Schüssel“, der Brunnen ist mit dem Grundwasser verbunden.

Architektonisch richtungsweisend ist auch die Gestaltung des Herzstücks der Kirche. Der Altar steht nicht vor den Bänken, wo die Gemeinde Platz nimmt, sondern mittendrin. So soll das „mütterlich Umarmende“ symbolisiert werden, wie es der Name Maria in sich trägt. Auch die Innengestaltung ist sehr schlicht gehalten. „Das lässt uns aber sehr viele Möglichkeiten bei der Gottesdienstgestaltung“, weiß der Pastoralreferent das Konzept zu schätzen. Bei der Innenausstattung des Kirchenraums setzte die Solingerin Leonie Alt mit der Weihnachtskrippe, der Pietà und der Madonna eigenwillige Akzente.

Auch innendrin setzt sie das fast schelmische Spiel mit der Architektur fort. Anfang dieses Jahrhunderts hat Matthias Heiermann den Tabernakel der Pfarrkirche gestaltet. Der sieht von außen aus wie ein schwarzes Ofenrohr. Doch wenn man ihn öffnet, erscheint ein prächtig gestalteter brennender Dornbusch. Ein Kontrast, der typisch für das Gotteshaus ist.

Anfangs hatten vor allem die älteren Gemeindemitglieder mit der modernen Kirche ihre Probleme. Aber inzwischen haben die meisten ihr Gotteshaus ins Herz geschlossen. Kürble: „Wer möchte, kann außerdem die Gottesdienste in der 900 Jahre alten Pfarrkirche St. Nikolaus besuchen, die ebenfalls zur Gemeinde Rheinbogen gehört.“