100 Jahre Straßenbahn – als die Fahrer noch auf Hühner achten mussten
Vor 100 Jahren fuhr die Straßenbahn über die Stadtgrenzen bis nach Willich hinaus. Die Strecke war 15 Kilometer lang.
Krefeld. Im Jahr 1910 baute die Stadt Krefeld ihre erste Straßenbahnstrecke, die über das Stadtgebiet hinaus über Willich bis nach Schiefbahn reichte, und verpachtete sie an die Crefelder Straßenbahn AG.
Am 1. Oktober 1910 wurde der Betrieb mit einer feierlichen Eröffnungsfahrt aufgenommen. Beide Triebwagen wurden mit einem festlich geschmückten Beiwagen herausgeputzt, während der Fahrer stolz an der Fahrkurbel stand und mit dem Fuß die Klingel bediente, die besonders für die ländlichen Gebiete notwendig war - wenn nämlich frei laufende Gänse, Hühner und Hunde von den Gleisen getrieben werden mussten. Die Gesamtlänge dieser Strecke maß damals ungefähr 15 Kilometer und war damit die längste Strecke der Straßenbahn.
Ein Jahr zuvor, 1909, war eine Straßenbahn von Krefeld bis nach Traar gebaut worden, die später dann auch bis nach Moers weitergeführt wurde.
In der Anfangsphase wurde die Strecke vom Stadtwald bis nach Schiefbahn zunächst von der Linie 11, anschließend von der Linie 10 bedient. In den 1930er Jahren wurde die Linie 10 durch die Linien 8 und 14 ersetzt. Während die Linie 8 bis Schiefbahn zum Werk von Deuß & Oedtker fuhr, konnten Fahrgäste mit der Linie 14 über Schiefbahn hinaus nach Knickelsdorf, zur Mönchengladbacher Rennbahn und letztlich bis zum Hauptbahnhof in Mönchengladbach fahren.
Vor den Krefelder Verkehrsbetrieben war aber die Düsseldorfer Rheinbahn im Hinblick auf die Vernetzung von Städten aktiv geworden. Die mit 30 Kilometern längste Überlandlinie der Rheinbahn, die linksrheinische Süd-Nord-Verbindung von Düsseldorf nach Moers, führte in Uerdingen über die Oberstraße am Marktplatz vorbei durch die Niederstraße über den Bahnübergang "Am Berg" zur Duisburger Straße und weiter nach Moers. Die einzelnen Teilstrecken wurden im Zeitraum von 1902 bis 1911 eröffnet.
Im Verlauf der 1950er Jahre jedoch machte sich in Krefeld die Konkurrenz des Omnibusses gegenüber der Straßenbahn immer stärker bemerkbar.
Daher beauftragte die Stadt den Verkehrsexperten Professor Johannes Schlums von der Technischen Universität Hannover, ein Gutachten zu den Perspektiven des öffentlichen Nahverkehrs in Krefeld zu erstellen. In diesem Gutachten wurde vorgeschlagen, die Straßenbahnen durch Omnibusse zu ersetzen, da Straßenbahnen ein deutlich größeres innerstädtisches Verkehrshindernis darstellen als Omnibusse.
Dagegen wurde Widerstand in der Bevölkerung und der Politik laut. Deswegen legte die Krefelder Verkehrs AG (Krevag) ein Ergänzungsgutachten vor, das diesem Widerstand Rechnung trug. Immerhin vier Strecken der Straßenbahn sollten weiter Bestand haben, zu denen jedoch nicht die Strecken nach Willich, Schiefbahn und Mönchengladbach zählten.
Am 18. Juli 1962 fuhr die Linie8 zum letzten Mal nach Willich, danach war die Überlandbahn nur noch Geschichte; den Verkehr übernahmen fortan Omnibusse.
Die einzigen Strecken, die bestehen bleiben und dem neuesten Stand der Technik angepasst werden sollten, waren die Linie 1 vom Eisstadion nach Fischeln, die Linie 3 von Uerdingen zu den Edelstahlwerken, die Linie 5 von Uerdingen beziehungsweise Bockum über Krefeld nach St. Tönis und die Linie 6 von Hüls zum Linner Rheinhafen.
Die Gesamtlänge des Restnetzes betrug nunmehr 43,2 Kilometer im Gegensatz zu vorher 82,7 Streckenkilometern. Bis auf den Abschnitt vom Friedrichsplatz zum Eisstadion wurden die verbliebenen Strecken mit zum Teil anderer Linienführung beibehalten und ausgebaut. Somit blieb die Straßenbahn dennoch das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs in Krefeld. Red