Schellack-Schätzchen für das private Hauskonzert
Wolfgang Loos sammelt alte Grammophone und Schellack-Platten. Er ist auf der Suche nach dem optimalen Klang.
Krefeld. Als Konzertsaal ist das Musikzimmer von Wolfgang Loos eigentlich zu klein. Doch wenn er eins seiner zahlreichen Grammophone anschmeißt und eine Schellack-Platte mit dem Klavierkonzert Nr. 2 von Camille Saint-Saens auflegt, sitzt der Zuhörer verblüffenderweise mitten im Orchester: hier die Streicher, daneben das Violoncello, dahinter das Klavier . . . Was für ein Klang.
Ein Besucher würde den 48-Jährigen nach einem Blick in die zahlreichen Vitrinen und Regale schlichtweg einen passionierten Sammler nennen. "Das nenne ich nicht Sammeln", sagt er unprätentiös. Für ihn gehören Platten zu seinem Leben wie für andere die Luft zum Atmen.
"Von meinem ersten Taschengeld an habe ich Platten gekauft", erinnert sich der Krefelder, der aus seiner Leidenschaft einen Beruf gemacht hat. Gemeinsam mit Ivo Gilbert verkauft er seit nunmehr 22 Jahren im eigenen Geschäft Sym-Phon in der 8-Passage am Ostwall Musik in gepresster Form. Anfangs nur auf Vinyl, inzwischen längst auf CD. Er selbst ist begeisterter Jazz- und Klassikfan."Auf der Suche nach originalen Erstaufnahmen bin ich auf Schellack-Platten gestoßen", erzählt Loos.
Wer vom Klang der Langspielplatten schwärmt, sollte seiner Meinung nach mal Schellack auflegen. "Selbst zwischen dem teuren Naturprodukt Schellack und dem preisgünstigen Kunststoff Vinyl liegen schon Klangwelten." Dabei stört es ihn nicht, dass auf die Schallplatten der ersten Stunde pro Seite jeweils nur ein Stück passte.Um diese musikalischen Schätze auch optimal hören zu können, ist ein Grammophon unerlässlich. Loos hat gleich mehrere davon.
Vom Abspielgerät im kleinen Koffer, über das Gilbert De Luxe bis hin zu seiner neuesten Errungenschaft, dem 1927 auf den Markt gekommenen Modell 163 von Electrola. "Das ist das bestklingende Grammophon, das es je gab", lautet sein Fazit. Und das ganz ohne ein einziges elektrisches Bauteil.Gerade im Zeitalter der Digitaltechnik wächst laut Loos die Zahl der Grammophon-Liebhaber, die auf der Suche nach dem Authentischen sind. Sie treffen sich auf Börsen und verabreden sich im Internet.
"Auch Schellack-Platten gibt es noch reichlich auf dem Markt", erklärt der Musikliebhaber. Abgesehen davon, dass sie zerbrechlich und, mit der falschen Nadel abgespielt, nicht mehr anzuhören sind, laufen sie auch noch fantastisch, wenn sie "nicht mehr schön aussehen". Davon zeuge so mancher Dachbodenfund.Trotz der großen Menge der noch erhältlichen Originalaufnahmen in Deutschland, sind für den Sammler 90 Prozent "langweilig" davon. "Das sind Märsche und grottenschlechte Harmonika-Orchester."
Zehn Prozent sind jedoch für Loos interessant, angefangen bei Stücken von Hans Riemstedt und seinem Orchester aus den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts über Aufnahmen von Billy Holiday aus den 40er Jahren bis hin zu klassischen Einspielungen.Diese musikalischen Pretiosen will Loos mit dem Umzug innerhalb der 8-Passage nun auch seinem Kundenkreis anbieten. Dazu hat er die kleinere Version des Modells 163 von Electrola aus seinem Musikzimmer ins Geschäft umquartiert.
Und so kommt es neuerdings, dass vorbeieilende Passanten beim Erklingen der Stimme von Ella Fitzgerald plötzlich innehalten und sich in einen rauchigen Jazzklub der 50er-Jahre zurückversetzt fühlen. Das Schellack-typische Knistern beim Abspielen tritt schon nach wenigen Takten in den Hintergrund. Was bleibt, ist ein raumfüllender warmer Klang und eine atemberaubende Stimme.