Ausstellung zu Migration: Jugendliche ohne Maske
Junge Zuwanderer halten ihr Weltbild in Gemälden, Fotos und einem Theaterstück fest. Die Ergebnisse sind in der Kufa zu sehen.
Krefeld. Ein Jugendlicher steht still inmitten eines Kaufhauses, um ihn herum bewegen sich Menschen im Zeitraffer. Die Installation bei der Ausstellung „Überflieger“ in der Kufa steht für den plötzlichen Stillstand, den Jugendliche erleben, wenn sie sich in einem fremden Land zurechtfinden müssen.
„Bei uns sollen Jugendliche aus Zuwandererfamilien lernen, sich in der Mitte der Gesellschaft zu bewegen“, erklärt Mussié Mesghinna. Er koordiniert das Caritas-Bildungsprojekt, aus dem die Ausstellung hervorgegangen ist.
Dabei werden verschiedene Methoden angewendet: Es gibt Basisgruppen, in denen sich die Jugendlichen zusammenfinden, um sich gezielt auf den Lebensweg vorzubereiten, und Projektgruppen, in denen individuelle Fähigkeiten gefördert werden.
Neben Förderkursen beispielsweise in Mathematik oder Geografie werden auch Tanz- oder Kochkurse, Musikunterricht oder verschiedene Workshops angeboten — je nachdem, was sich die Teilnehmer gerade wünschen.
Im künstlerischen Bereich unterstützt die Grafikdesignerin Angelika Teschner die Jugendlichen. Momentan sind 23 Jugendliche bei den Überfliegern — aus mehr als zehn Nationen. Wichtiger Bestandteil des Projekts ist die Kunst. Die Ergebnisse aus den Bereichen Malerei und Fotografie sind seit dem Wochenende in der Kufa zu bewundern. Die Jugendlichen haben sich mit dem Thema „Ich und meine Rollen“ befasst und dazu Kunstwerke geschaffen.
Die 17-jährige Wei Xiao, die vor fünf Jahren von China nach Deutschland gezogen ist und bereits fließend deutsch spricht, malt leidenschaftlich gern. „Das habe ich in China schon gerne gemacht. Als mir eine Lehrerin hier von dem Überflieger-Projekt erzählt hat, hat es mir sofort gefallen“, erzählt sie. Unter dem Oberbegriff „Unsere Wurzeln“ hat sie auf einer Leinwand Dinge zusammengetragen, die sie mit ihrem Heimatland verbindet.
Auch die Gipsmasken, die mitten im Raum hängen, ziehen die Blicke auf sich. Die Jugendlichen sollten darstellen, wie sie sich selbst sehen und wie sie von anderen gesehen werden und dies auf der jeweiligen Seite der Maske künstlerisch darstellen.
Auch in anderen Bereichen können sich die Überflieger ausleben: Sinem Polat, die türkische Wurzeln hat und in Deutschland geboren ist, kann bei den Überfliegern ebenfalls ihrer Leidenschaft, dem Fotografieren, nachgehen.
„Ich habe bereits am Fotografie-Workshop teilgenommen, und heute bei der Ausstellungseröffnung bin ich für die Fotos zuständig.“ Aber auch die anderen Aktivitäten findet sie toll — zum Beispiel die Theatergruppe, die heute in der Kufa ein Stück aufführt, oder die jährlichen Reisen.
Dieses Jahr ging es nach Dresden und Prag. Das Video dazu hat Gefri Bethel aus Angola bearbeitet. Er ist erst seit drei Jahren in Deutschland und spricht die Sprache auch schon fließend.
Bürgermeister Frank Meyer lobt das Projekt. „Es ist toll, dass man hier nicht auf die Menschen mit Migrationshintergrund zugeht und fragt, welche Probleme behoben werden müssen. Stattdessen wird das Tolle, das in den Jugendlichen steckt, betont und gefördert.“
Derzeit ist die weitere Finanzierung des Projektes, das es seit vier Jahren gibt, jedoch ungewiss. Bettina Neumann aus dem Überflieger-Team der Caritas Krefeld macht sich Sorgen. „Bis Anfang nächsten Jahres können wir uns halten, danach müssen wir weitersehen.“