Krefeld Ein Gespräch mit St. Martin: "Ich mache das, bis ich vom Pferd falle"

Seit 40 Jahren übernimmt der 78-jährige Hans Göbels beim Umzug in Tackheide die Rolle des heiligen Mannes.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Seit etwa vier Wochen trägt Hans Göbels wieder einen Bart. Eigentlich ist der 78-Jährige gar kein Bartträger, aber einmal im Jahr lässt er sich trotzdem sechs Wochen lang einen wachsen. Nach den sechs Wochen, meist zwischen Anfang und Mitte November, hat Göbels nämlich eine ganz besondere Aufgabe: Er ist der St. Martin des Martinsumzugs in der Tackheide.

Und seine Aufgabe nimmt der 78-Jährige bereits seit 40 Jahren sehr genau. Früher sind die Bewohner der Tackheide immer noch nach Stahldorf gefahren, „weil es bei uns keinen eigenen Umzug gab“, so Göbels. 1946 wurde dann das Martinskomitee Tackheide gegründet.

Göbels hat schon sehr früh bei dem Umzug mitgeholfen, damals aber noch nicht als St. Martin: „Einer alleine kann das Ganze eh nicht stemmen. Wir sind circa 20 Leute, die vor St. Martin von Tür zu Tür gehen und für die Martinstüten der Kinder sammeln.“ Früher musste noch genauestens dokumentiert werden, wie viel Geld von wem kam und deswegen saßen die Komitee-Mitglieder nach der Sammelaktion immer zusammen.

Vor 40 Jahren wurde dann über ganz bestimmtes Problem gesprochen, wie Göbels berichtet: „Der damalige St. Martin ist ausgeschieden, weil er sich immer nur auf das Pferd gesetzt und nichts gemacht hat. Die anderen haben mich dann gefragt, ob ich nicht Lust hätte, das zu machen. So bin ich dann der St. Martin geworden“, erklärt der 78-Jährige lachend.

Und er bleibt nicht nur auf dem Pferd sitzen: „In einem Jahr ist mir mein Mantel, als ich ihn am Feuer mit dem armen Mann geteilt habe, heruntergefallen. Da bin ich dann vom Pferd abgestiegen und habe begonnen, den Kindern die Hände zu schütteln.

Das kam so gut an, dass ich das bis heute beibehalten habe“, so Göbels, dessen Augen zu Strahlen beginnen, wenn er an seine besondere Aufgabe denkt: „Das ist besonders schön, wenn ich dann am Feuer entlang laufe und in die Augen der Kinder schauen kann.“

Passiert ist in den letzten 40 Jahren schon so einiges, wie der Rentner berichtet: „In einem Jahr hatten wir zum Beispiel anstatt eines Pferdes drei kleine Ponys. Da diese aber so klein waren, konnten mich die Kinder kaum sehen und fragten dann immer: Wo ist denn der St. Martin?“

Wenn Göbels an seine Anfänge zurückdenkt, kann er nicht feststellen, dass sich in den letzten Jahren viel verändert hat: „Die Straßen sind immer noch wunderschön geschmückt und eigentlich ist die Atmosphäre noch genau so wie vor 40 Jahren.“ Besonders freut sich der 78-Jährige, wenn er beim Verteilen der Martinstüten selbstgemalte Bilder von den Kindern bekommt. „Es macht einfach Spaß und ist ein ganz besonderer Tag für uns“, sagt Göbels.

Der Umzug findet traditionell immer sonntags statt, in diesem Jahr am 13. November ab 17 Uhr, so dass auch alle Familien daran teilnehmen können. „Vorher treffen wir uns dann meist mit der Familie und Bekannten und essen gemeinsam Poffertjes und trinken Glühwein“, so Göbels. Ans Aufhören denkt der Rentner dabei noch lange nicht: „Ich mache das so lange, bis ich vom Pferd falle.“