Entdeckungsreise im Bahnhof
Mit Stadt und Bahnhofsmission können Krefelder das historische Gebäude erkunden und neue Ecken kennenlernen.
Krefeld. Es ist ein Ort der Hektik und des Stresses, die Menschen eilen in Aufbruchsstimmung von einem Gleis zum anderen. Wer aber einmal in seiner Hektik anhält und einen Blick nach rechts und links wirft, kann einiges entdecken.
Die Krefelder Bahnhofsmission hat zusammen mit der Stadtführerin Lydia Paggen am Samstag die Krefelder mit auf eine Reise durch die Geschichte des Krefelder Hauptbahnhofs genommen.
„Hier gibt es so viel zu entdecken, was der Krefelder im Vorbeigehen nicht sieht. Die Wandfliesen zum Beispiel.“ Die gelblichen Fliesen seien eines der ältesten Elemente des Bahnhofs.
„Zwischen dem Gleis 1 und dem Gleis 2/3 ist auf der linken Seite eine kleine beschriftete Fliese eingebaut“, erzählt Paggen und tastet nach dem Emblem. „1907 Heinrich Storp. Das steht hier. Die sogenannten Meißner Fliesen sind ein Magnet für Filmteams aus ganz Deutschland.“
Im vergangenen Jahr waren Anna Loos und Jan Josef Liefers an den Gleisen zu Gast, und auch im dem Kinofilm „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ ist in einer kurzen Sequenz der Krefelder Bahnhof zu sehen. „Gerade die schmiedeeisernen Elemente an unserem Bahnhof sind toll für die Kamera.“
Lydia Paggen geht weiter, sie führt die Gruppe in die heutige Radstation. „Hier war früher der Gepäcktunnel, jeden Tag sind hier die Mitarbeiter in einem Affenzahn mit den Gepäckwagen hin und her geflitzt.“ Auch Besucher Ralf Heinrichs kennt den Ort, als Junge begleite er hierhin seinen Großvater.
„Mein Großvater war Oberlademeister, einmal hat er mich mit in den Gepäcktunnel genommen“, erzählt Heinrichs. „Für mich als Kind war das natürlich eine tolle Erfahrung. Heute möchte ich einfach einmal sehen, was sich in den letzten 50 Jahren hier verändert hat.“
Und das ist einiges. „Da wo hinter der kleinen Elektroeisenbahn im Eingang nur noch eine Wand ist, war damals der Lieblingsort von meinem Opa.“ Heinrichs lacht. „Die Bahnhofstheke muss damals immer gut besucht gewesen sein.“
Die Stadtführerin stimmt zu. „Hinter der heutigen Elektroeisenbahn waren damals die Wartesäle und eben auch die Theke. Vor der Zeit der Maschinen ging schon vor der Arbeit, also etwa um sieben Uhr morgens, Bier über die Theke. Das war ganz normal.“
Lydia Paggen kramt in ihrer Tasche und zieht ein altes Bild hervor. „Und wussten Sie eigentlich, dass die einzige weibliche Dampflokführerin aus Krefeld kam? Ihr ist sogar eine Münze gewidmet worden.“ Die Stadtführerin geht ein paar Schritte und hält am Haus der Bahnhofsmission auf Gleis 1. „Und auch hier gab es damals wie heute starke Frauen. Denn die Bahnhofsmission ist vor langer Zeit auch von einer Frau gegründet worden.“
Als Krefeld zur Industriestadt wurde, seien viele Mädchen als Bedienstete hierher geschickt worden, an den Bahnsteigen lauerten aber immer wieder Mädchenhändler. „Damals hat die Bahnhofsmission sich zur Aufgabe gemacht, diese Mädchen zu beschützen.“ In der Gruppe wird es leise.
„Sie sehen, auch hier hat sich der heutige Aufgabenbereich geändert. Aber kommen Sie, wir trinken gemeinsam einen Kaffee. Denn eines gilt heute wie früher bei der Bahnhofsmission: Der erste Kaffee geht aufs Haus.“