Fiat Topolino: Es war Liebe auf den ersten Blick
Renate Ludes’ erstes Auto war ein Fiat Topolino, der auf den Namen „Florian“ getauft wurde.
Krefeld. Er war über zehn Jahre alt, kam aus vierter Hand und war alles andere als gepflegt. Doch Renate Ludes verliebte sich auf den ersten Blick in den Fiat Topolino mit Holz-Notsitz und Stoffverdeck. Für 300 DM kaufte sie mit 18 Jahren ihr erstes Auto und platzte fast vor Stolz.
„18 Jahre und ein eigenes Auto — das war früher schon außergewöhnlich“, erzählt die heute 67-Jährige. Damals war sie Buchhalterin in einem Autogeschäft, und da öfter verschiedene Fahrten erledigt werden mussten, bezahlte ihr Chef seiner jungen Mitarbeiterin kurzerhand den Führerschein. Von da an fuhr Renate Ludes fast täglich die verschiedensten Autos. „Wenn man ständig auf der Arbeit fährt, dann will man abends nicht zu Fuß nach Hause gehen“, sagt sie. So entstand schnell der Wunsch nach einem eigenen fahrbaren Untersatz.
Auf dem Hof eines Bekannten entdeckte sie den Fiat, der später einmal den Spitznamen „Florian“ erhalten sollte. Seine dunkelgrüne Farbe war verblasst, und auch ansonsten war der Wagen nicht sonderlich gepflegt. „Das war eine richtige Drecksschleuder. Der hatte noch nie eine Politur bekommen“, erinnert sich Ludes. Aber der Wagen eroberte ihr Herz, war klein und erschwinglich. Nur die Farbe störte seine neue Besitzerin. Also bat sie einen befreundeten Autolackierer um Hilfe — „Florian“ sollte einen neuen roten Anstrich bekommen.
„Als ich dann das Auto abgeholt habe, dachte ich, ich werd’ blind“, erzählt die 67-Jährige. Der Fiat war nicht rot, sondern eher korallfarben, oder wie ihr Bruder damals sagte „tomatenrosa“. „Jetzt brauchst du kein Kennzeichen mehr, dich erkennt eh jeder“, scherzte er. Doch Renate Ludes war nicht zum Lachen zumute: „Es sah schrecklich aus, aber was sollte ich machen? Später habe ich mich notgedrungen dran gewöhnt.“
„Florian“ war trotz allem ihr ganzer Stolz. Mit ihm ging es quer durch die Stadt und mit Freundinnen auf Ausflüge in die nähere Umgebung. Der Wagen hatte sogenannte „Porschesitze“, die auf dem Wagenboden angeschraubt waren. Es gab kaum eine Federung. „Das war eine sehr harte Angelegenheit, man spürte jedes Schlagloch“, sagt Ludes. Der Schalthebel war sehr lang und am Boden neben dem Gaspedal mit einem Gewinde befestigt. Über dem Anschluss saß eine Gummimuffe, durch die bei Regen das Wasser ins Wageninnere spritzte. „Manchmal musste man ganz schnell seinen Rock übers Knie hoch schieben, damit er nicht nass wurde“, erinnert sie sich lachend. 60 bis 70 km/h schaffte „Florian“ — „dann war Schluss“.
Ein halbes Jahr lief er, ohne Schwierigkeiten zu machen. Dann wagte Ludes eine etwas weitere Fahrt. Das Ergebnis: Kolbenfresser. Der Wagen musste abgeschleppt werden. Ein halbes Jahr lang werkelten Bekannte der Krefelderin an dem Auto — abends nach Feierabend. Als der Fiat dann endlich wieder lief, ging nach sechs Wochen die Kupplung kaputt. „Da reichte es dann. Ich habe den Wagen schweren Herzens an einen Bastler verkauft“, erzählt Ludes. Heute fahren sie und ihr Mann Hans einen Mazda. „So viel Spaß, wie mit dem Florian habe ich aber nie wieder mit einem fahrbaren Untersatz gehabt“, gesteht die 67-Jährige.