Für eine CD reist die Musik dreimal über den Atlantik
Im Krefelder „Tonstudio 13“ spielen deutsche Musiker ihre Beiträge für eine kubanische Latin-Jazz-CD ein.
Krefeld. Havanna, Kuba. Der dort sehr bekannte Komponist Raúl Cabrera hat Bassläufe und Percussion eingespielt, Carlos Alvares seine Posaune. Ein unbekannter Gitarrist hat ein paar Riffs im Hintergrund dazugetan. Dann geht die Festplatte mit der Aufnahme im Handgepäck eines Musikerfreundes auf die Reise über den großen Teich. Zum ersten von letztlich drei Mal.
Krefeld, Tonstudio 13, im Musikkeller der alten Brotfabrik Im Brahm. Poncho Valdes, Percussionist und Schlagzeuger, Mitglied u.a. von Supersession, Salsa Picante und — aktuell — Bima, sitzt am Schlagzeug und spielt zur Aufnahme seiner Kollegen in Havanna seinen Part für das deutsch-kubanische Plattenprojekt ein, danach folgt noch die Percussion mit Congas und Chekere. Zwei Tage im Studio 13 sind dafür gebucht.
Acht weitere Aufnahmetage mit sogenannten Overdubs werden folgen — mit dem in Krefeld bestens bekannten Bassisten Michael Schürmann, mit Roman Babik (Piano), Klaus Dapper (ebenfalls früher Supersession) und der Niederländerin Marian Richert, beide am Saxophon. Die Titel der künftigen Latin-Jazz-CD stammen zwar überwiegend von Raúl Cabrera, Produktionschef aber ist der Chilene Poncho Valdes, der deutsch-kubanische Longplayer wird sein Kind sein. „Ich gucke, wer da noch rausfliegt“, grinst er. Die leise Gitarre im Hintergrund hat er natürlich gehört, aber ob sie bleibt, ist noch die Frage. „Am Ende wird die Latin-Jazz-Produktion Bigband-Charakter haben“.
Mit Cabrera hat er unter dem Gruppennamen Palo Alto (hoher Holzstock/Drumstick) schon eine CD gemacht. Valdes lebt seit Mitte der 80er Jahre in der Bundesrepublik, sein Deutsch ist ziemlich südamerikanisch.
Burkhard „Laurie“ Laurenzen (52) und Michael Hasselmann (47), die Betreiber des Tonstudio 13 freuen sich über ein großes Projekt, das ihnen in ihren üppig ausgestatteten Aufnahmeräumen Einnahmen beschert. Beide haben viele Jahre selbst Musik gemacht. „Heute lassen wir die Musiker kommen. Wir müssen nicht mehr selber schleppen“, grinsen sie um die Wette. Im Studio 13 hat Waldo Karpenkiel schon seine CD „Radio Mali“ produziert, auch derzeit liegt von ihm noch aufgenommenes Material in Konserve. „Kann aber dauern, bis er weitermacht“, lacht Laurie.
An die 30 Bands haben in vergangenen Jahren am Wochenende dort pressreife Aufnahmen gemacht. Besonders nett und lustig sei die Produktion der Lebenshilfe-Band gewesen, erinnert sich Michael Hasselmann. Wie Laurenzen (Drucker) geht Hasselmann einem normalen Beruf nach; er ist Schornsteinfeger. „Für Schülerbands und Einzelschicksale hat das Studio 13 Sondertarife“.
Wann die neue CD von Palo Alto auf den Markt kommt, wie hoch die Auflage sein wird und wie der Titel lautet, steht in den Sternen, vor allem in denen über Havanna. Sind alle Aufnahmen aus dem Studio 13 im Sack, geht die Festplatte zum Abmischen wieder nach Kuba.
Ist Raúl Cabrera damit fertig, wird sie irgendein Musikerfreund wieder im Handgepäck im Flieger mitnehmen, denn das ist viel billiger, als die Musiker selbst über den großen Teich zu schicken. Gepresst werden die Silberlinge in Deutschland.
„Ende des Jahres wird es schon werden“, ahnt Poncho Valdes. Und: „Ein großes Geschäft wird die Produktion sicher nicht.“ Und eine Tournee von Palo Alto, auf der man die Scheiben absetzen könnte, wird es wohl auch nicht geben. Im Tonstudio 13 entsteht ein Sammlerstück.