Hans Liberg, der spielende Holländer
Im Seidenweberhaus war das Publikum restlos begeistert.
Krefeld. Willkommen im etwas anderen Reich der Mitte, zwischen E- und U-Musik. Nicht Mao Tse-tung, sondern Hans Liberg lächelt den Zuschauern im Seidenweberhaus als Revolutionsführer an den Tasten von einem überdimensionalen Plakat entgegen. Denn für Hollands Top-Entertainer steht der Spaß - vor allem an der Musik - im Vordergrund.
Zu seinem Bühnenjubiläum zeigt sich der Musikkomödiant aus Amsterdam im Seidenweberhaus zusammen mit seiner Arbeitergarde, einem Streichquartett, von seiner besten Seite. Es ist schließlich "das Beste" aus mittlerweile 25 Jahren, und Hans Liberg zeigt sich zwei Stunden lang nur von seiner besten Seite. Getreu dem Rate-Spiel-Motto "Erkennen sie die Melodie?" präsentiert der 54-Jährige viele "kleine klassische Melodien" zwischen Klingelton, Beatles und Beethoven im Schnelldurchlauf.
Libergs Konzept fasziniert Erst- wie Wiederentdecker gleichermaßen: Musikstücke werden lediglich kurz angespielt und miteinander vermischt. Zeit, die komponierten Informationen abzuspeichern, gibt es dabei kaum. Gerade noch scheint Nokias Handyklingelton bei Chopin geklaut, da wird schon aus Tschaikowskys Klavierkonzert ein Rieu-Walzer am Fließband gemacht oder ein Beethoven-Stück kurzerhand zu einer Sirtaki-Melodie verfremdet.
Hans Liberg erweist sich aber nicht nur als Meister des musikalischen Zitierens. Der diplomierte Musikwissenschaftler versteht sich beim Recyceln früherer Programmhöhepunkte vor allem als großartiger Humorist und Performer. Per Zuruf improvisiert der spielende Holländer, stimmt an der Gitarre ein Gloria an oder vollführt einen Benedictus-Schuhplattler. Selbst mit einer Sopranistin treibt der Comedian zu einer Puccini-Arie seine Späße, um mit ihr ganz am Ende zu Beethovens Neunter die "Demokratie" hochleben zu lassen.
Auch wenn nach der Pause der Schwung ein wenig nachlässt, das Publikum im fast ausverkauften Saal ist restlos begeistert und dankt Hans Liberg sogar mit stehenden Ovationen für einen unterhaltsamen Crash-Kurs in Sachen Musik. Und am Schluss bleibt die zweite Zugabe unvollendet - "für das nächste Mal", wie Liberg betont. In Krefeld bleibt er zumindest ein gern gesehener Gast.