Helga Hummel: Die gute Seele des Theaters geht in den Ruhestand

30 Jahre lang war Helga Hummel Sekretärin im Intendantenbüro, am Donnerstag geht sie in den Ruhestand. Ihre Kollegen werden sie vermissen.

Krefeld. Eine kleine Feier soll es am Donnerstag für sie geben, dabei hat Helga Hummel sich doch ausdrücklich dagegen gesträubt. So viel Aufwand allein für sie, das ist der Sekretärin des Generalintendanten gar nicht recht. Womöglich wird sogar jemand eine Abschiedsrede halten und aussprechen, was im Haus alle wissen: wie wertvoll sie in fast 30 Jahren fürs Theater war, was für eine reizende Kollegin sie ist, wie man sie vermissen wird, und, und, und. Das wäre Helga Hummel wirklich unangenehm.

Die 64-Jährige steht nicht gern im Mittelpunkt, im Betrieb der Bühnentiere gehört sie zu den Emsigen, die hinter den Kulissen wirken. 29 Jahre, sieben Monate und zwei Tage — so rechnet sie es vor — hat sie das Chef-Büro geschmissen, hat telefoniert und getippt, organisiert und geplant. Fünf Intendanten hat sie erlebt — nicht bloß ertragen: „Wenn man so dicht zusammenarbeitet, muss man sich verstehen. Sonst hält man das nicht durch.“

Joachim Fontheim hat sie seinerzeit engagiert, der 10. Oktober 1981 war ihr erster Arbeitstag, ein Samstag: „Freitag haben die mich angerufen und gesagt: Sie können morgen anfangen.“ Es war ein echter Neustart: Acht Jahre hatte sich Hummel zu Hause um ihre beiden Söhne gekümmert, vorher war sie elf Jahre bei einer Bank. „Dieses Geschäft wäre heute nicht mehr meine Welt“, sagt sie.

Im Theater, das sie bis dahin nur als Besucherin kannte, musste sie als „blutiger Laie“ einen gewaltigen Berg von Erfahrungen bewältigen: „Joachim Fontheim war ein Prinzipal, aber bei ihm habe ich unheimlich viel gelernt. Er war ja auch Stier, so wie ich.“ Wobei Helga Hummel sich eher als „degenerierten Stier“ begreift: „Mir fehlt die Dominanz. Von Natur aus bin ich jemand, der meistens den Mund hält. Das Reden und das Nein-Sagen habe ich hier mühsam gelernt.“

Doch im kreativ-chaotischen Kosmos des Theaters fühlte sie sich bald zu Hause. Auf knapp fünf Jahre Fontheim folgten sechs Jahre Eike Gramss, fünf Jahre Wolfgang Gropper und 14 Jahre Jens Pesel. Die Kämpfe, die Gropper und Pesel um die Zukunft des Theaters ausfechten mussten, hat Helga Hummel aus der Nähe miterlebt — und sich Sorgen gemacht um ihre Chefs: „Manchmal warnt man sie vor sich selbst, aber sie wollen es nicht hören.“

Auch ihren fünften und letzten Intendanten Michael Grosse erlebt sie als „Kerze, die an beiden Enden brennt“. Helga Hummel beobachtet genau, ihre stille Art hat nichts Behäbiges. Die Augen hinter den kleinen Brillengläsern sind immer hellwach.

Vielleicht freut sie sich genau deshalb, nun zur Ruhe zu kommen, so sehr ihr die Kabbeleien mit den Kollegen fehlen werden: „In diesem Job muss man dutzende Male am Tag für alle möglichen Probleme Lösungen finden, damit abends der Lappen hochgeht. Dieser Druck hört jetzt auf, und das ist gut so: Genug ist irgendwann genug.“ Das gilt selbst für eine fleißige Hummel.