Kulturfabrik: Aus der Urzeit in die Zukunft
Michael Hatzius und seine tierische Familie auf Tuchfühlung mit dem Publikum.
Krefeld. Drei Stunden lang ist Michael Hatzius dem Publikum mit seinem tierischen Puppenensemble in der ausverkauften Kulturfabrik dicht auf die Pelle gerückt. Star ist eindeutig „die Echse“ unter Freunden wie Huhn, Krokodil, Spinnen und weiterem Getier. Und das, obwohl das Urzeitreptil weder optisch noch inhaltlich besonders sympathisch rüberkommt. Wirkt es doch eher etwas überheblich, arrogant und selbstverliebt.
Was also ist das Erfolgsgeheimnis der Echse? Da ist einmal ihre knochentrockene Art, altklug und spröde Humor zu verbreiten. Beim Exkurs durch die Zeitgeschichte erklärt das Jahrtausende alte Urvieh, das Puppenspiel eigentlich ablehnt, die Evolution vom Einzeller zur späteren Artenvielfalt mit verblüffenden Beispielen. Bis heute habe sich nicht viel geändert. Als Hai oder Wal sei man geachtet und gefürchtet, als Plankton habe man die Arschkarte. Ein Vorteil des Lebens unter Wasser: Man könne „pullern“, wann immer man wolle.
In der nächsten Epoche auf Land hätten dann die Zebras das Geschäft in der Hand gehabt — eine überhebliche Rasse, zum Pferd habe es nicht gelangt. Zur Episode Mensch schildert die Echse die Geburt Jesu: „Das einzige, was Maria und Josef hatten, war ein Krippenplatz. Ansonsten war Weihnachten und alle Geschäfte hatten zu.“ Als die Echse ihre Begegnung mit der splitternackten Kleopatra in einer Pyramide schilderte, verließen zwei junge Frauen vorübergehend den Saal. Bei ihrer Rückkehr zeigte die Echse ihre wahre Stärke, die lustvolle Improvisation im Stand-Up-Stil mit dem Publikum: „Ihr habt jetzt Kleopatra verpasst, dabei musste nur eine von Euch zur Toilette.“
Ein Höhepunkt des Programms war das interaktive Fragespiel mit dem Publikum. Die Antworten verdankt die Echse ihren hellseherischen Fähigkeiten. Der Humor resultiert aus der Schlagfertigkeit des sprachgebenden Puppenspielers. Der nächste Bundeskanzler? „Wahrscheinlich Putin.“ Und aus einer Portion Frechheit gegenüber den ländlichen Krefeldern.
Bei der herausragenden Figur der Echse kommen die Freunde als Teil des Programms leider etwas zu kurz. Das ist schon deshalb schade, weil Hatzius jedem seiner Gesellen einen eigenen Charakter verleiht. Großartig und fast liebenswert das bescheidene Huhn, das im Schatten des Comedy-Stars Echse feststellt: „Huhn ist okay, jeder kann etwas besonders gut.“ Makaber, wenn das Federvieh die Speisekarte im Restaurant vorliest mit Hühnerfleisch als Hauptspeise und sprachlich am Wort „gebraten“ scheitert. Nicht minder unterhaltsam die kleine Echse Jan, die Azubi lernt, die sächsisch parlierende Kobra und die Schafe, die sich übers Blöken streiten.
Ein hochzufriedenes Publikum verlässt die Kulturfabrik.