Mit 72 Jahren zu alt für ein Ehrenamt?
Marita Inger darf wegen ihres Alters keine Schöffin mehr sein. Sie fühlt sich diskriminiert. Die Krefelderin strebt eine Änderung des Bundesgesetzes an.
Krefeld. Marita Inger mag es nicht, wenn man sie als „alt“ bezeichnet und noch weniger mag sie es, wenn man sie als „zu alt“ bezeichnet. Die Stadt Krefeld hat das zwar in dieser Ausdrücklichkeit nicht getan, trotzdem fühlt sich die 72-Jährige altersdiskriminiert. Der Fachbereich Recht hatte ihre Bewerbung für das Amt einer Jugendschöffin mit der Begründung abgelehnt, sie habe die Altersgrenze überschritten.
Juristisch gesehen ist diese Entscheidung einwandfrei. In Paragraf 33 des Gerichtsverfassungsgesetzes heißt es nämlich, dass Personen, „die das siebzigste Lebensjahr vollendet haben oder es bis zum Beginn der Amtsperiode vollenden würden“, nicht in das Amt eines Schöffen berufen werden sollen.
Also hat Inger beschlossen, darauf hinzuwirken, dass dieses Gesetz — immerhin ein Bundesgesetz — geändert wird. Und obwohl die derzeit noch aktive Jugendschöffin ab dem 1. Januar 2014 das Ehrenamt gerne weiter ausüben würde, strebt sie die Gesetzesänderung nicht für sich selbst an: „Dafür ist es zu spät, die Frist ist schon abgelaufen.
Jetzt geht es mir um die Allgemeinheit.“ Um ihr Ziel zu erreichen, hat sie mehrere Briefe an Professoren und Politiker geschrieben, „um sie für den Tatbestand der Altersdiskriminierung zu sensibilisieren“.
Einer dieser Briefe ging an Wilfrid Fabel, den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Rat der Stadt Krefeld. Und in ihm hat sie einen Mitstreiter gefunden: „Die Altersgrenze ist nicht mehr sinnvoll. Die Menschen werden immer älter und bleiben auch länger geistig und körperlich fit. Das Gerichtsverfassungsgesetz muss geändert werden.“
Also hat Fabel seinerseits Briefe geschrieben — an den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im Deutschen Bundestag, Volker Kauder, und an die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Auch die Krefelder Grünen haben sich Marita Ingers Initiative angeschlossen. In einer Pressemitteilung verkündet die Fraktionsvorsitzende Stefani Mälzer: „Wir haben Frau Inger bereits unsere rückhaltlose Unterstützung zugesagt.“ Konkret bedeute das, die Bundestagsfraktion der Grünen auf das Problem aufmerksam zu machen, „damit entsprechende Gesetzesänderungen in Angriff genommen werden“.
Beim Bundesministerium der Justiz entwickelt man derzeit einen ähnlichen Plan. Pressesprecherin Anne Zimmermann: „Wir werden ein Gesetzesvorhaben initiieren, die Altersgrenze anzuheben oder abzuschaffen.“ Mit dem konkreten Fall von Marita Inger habe das allerdings nichts zu tun: „Das ist ein Thema, das schon seit längerer Zeit immer mal wieder aufkommt.“