Krefeld Pigulla beendet seine letzte Arbeit

Der Bockumer (92) ist einer der bedeutendsten Glaskünstler im Rheinland. Seinen letzten großen Auftrag verwirklicht er in Moers.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Am Rande von Bockum, in der Nähe des Moltke-Gymnasiums, lebt und arbeitet der Künstler August Pigulla seit mehr als 40 Jahren. Zwei Räume in der schönen Altbauwohnung nutzt er als Atelier. Zahlreiche Entwürfe, aber auch viele kleinere Glasskulpturen und Mosaike sind hier zu sehen. Auf einem langen Tisch liegen sorgfältig beschriftet Mappen. „Ich ordne meinen Nachlass“, sagt der 92-jährige Künstler.

Aktuell beschäftigt er sich mit einem Projekt, dessen Vollendung er noch erleben möchte. Für die Kirche St. Bonifatius in Moers-Asberg hat Pigulla sieben neue Fenster entworfen. Das Besondere daran ist, dass die ursprünglichen Fenster aus den 1960er-Jahren ebenfalls von ihm stammen und zu seinen ersten Kirchenfenstern zählen. Außerdem hat er hier mit Altarkreuz, Tabernakel und Kreuzweg-Reliefs wichtige Metallarbeiten geschaffen. So hat er zu dieser Kirche eine besondere Verbindung. „Der Kreis schließt sich“, sagt August Pigulla mit Blick auf die neuen Entwürfe.

Zwei ausgeführte Fenster sind vor einem Jahr eingeweiht worden. Mit einer Höhe von neun Metern und einer Breite von nur 50 Zentimetern sind es sehr ungewöhnliche Proportionen. Die alten Fenster waren dreidimensional und kompliziert zu reinigen. Die beiden neuen sind mit wenigen Querstreifen in Blau und Rot sehr klar gestaltet.

Im Vorfeld hat Pigulla mehrere Entwürfe gefertigt. „Man hat sich für den einfachsten entschieden“, sagt er lächelnd. Das kommt ihm entgegen. Denn je komplizierter die Entwürfe, desto aufwendiger ist die weitere Herstellung.

Vom Werkkarton werden die Formen auf Schablonenpapier übertragen. Diese werden entsprechend der Formen geschnitten. Die Schnitte bilden dann die Vorlage für das Glas. Es ist sehr stabiles, mundgeblasenes Antikglas, das die bekannte Glasfirma Derix in Kevelaer in enger Abstimmung mit dem Künstler herstellt.

Mit den ersten beiden Fenstern ist Pigulla sehr zufrieden. Als Nächstes steht ein querformatiges Portalfenster an, in dessen Zentrum sich eine weiße Kreuzform befindet. Die übrigen Felder sind locker gestaltet. Der Künstler hofft, dass auch dieses Fenster bald verwirklicht wird. Alle sieben Entwürfe hat er jetzt der Gemeinde geschenkt.

„Meine Arbeit ist damit beendet“, sagt er. Wegen seines hohen Alters plant er auch keine neuen Arbeiten mehr. Pigulla kann auf ein umfangreiches Lebenswerk zurückblicken. Der gebürtige Schlesier zählt zu den bedeutendsten Glaskünstlern im Rheinland.

Nach seinem Militärdienst kam er 1945 nach Krefeld. Hier studierte er an der Werkkunstschule in der berühmten Klasse von Gustav Fünders Glasmalerei und Mosaikgestaltung. Neben Glasarbeiten fertigte er auch viele Metallskulpturen und Wandmosaike. Eines der bekanntesten ist in Krefeld am ehemaligen Hauptzollamt am Jungfernweg zu sehen.

Pigulla, der neben seiner freien künstlerischen Tätigkeit auch 20 Jahre an der FH Dortmund lehrte, experimentierte gern mit verschiedenen Techniken. Zu seinen bevorzugten Arbeiten der vergangenen Jahre zählen die thermischen Gravuren, bei denen mit einem Lötkolben feinste Strukturen in Acrylglas gebrannt werden. „Diese Arbeiten brauchen viel Licht und man kann sie kaum fotografieren“, sagt er.

Den Plan, ein Buch über sein Lebenswerk zu erstellen, hat Pigulla aus Altersgründen aufgegeben. Dafür findet man seit gut einem Jahr eine aufwendig gestaltete Webseite des Künstlers, in der alle Werkgruppen präsentiert werden. „Im Internet ist man heute präsenter“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln.

Dass seine Werke nicht für die Ewigkeit sind, hat er mehrfach erfahren müssen. Aber er nimmt es gelassen. So wurde eine Krankenhauskapelle in Köln-Kalk, für die er vor 50 Jahren die Fenster entwarf, erst kürzlich abgerissen. Geblieben sind ihm nur die farbintensiven Entwürfe, die er noch immer in seinem Atelier aufbewahrt.