Steinerne Erinnerungen werden unsichtbar saniert

Mit Pinsel und Bürste reinigt Manfred Messing die Grabmäler auf dem Jüdischen Friedhof. Dafür erhält er nun den Bundespreis für Denkmalpflege im Handwerk.

Krefeld. "Man kann nicht sehen, dass daran gearbeitet wurde - das soll man aber auch nicht", sagt Manfred Messing. Er hat zahlreiche Grabsteine auf dem jüdischen Teil des Krefelder Friedhofs restauriert. Für diese Arbeit wird er vom Zentralverband des Deutschen Handwerks ausgezeichnet. Am 11. November erhält der Steinmetzmeister den "Bundespreis für Denkmalpflege im Handwerk" aus den Händen von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers.

Zwei bis drei Wochen war jeder der 200 bisher behandelten Steine in seiner Kempener Werkstatt. Jeden Einzelnen haben Messing und seine Mitarbeiter liebevoll gereinigt, mit Pinsel und Bürste von Moos und Erde befreit. Bruchstücke wurden gesammelt und wieder zusammengepuzzelt, Hohlräume sind mit flüssigem Kunststoff verfüllt worden. "Wir mischen unseren Mörtel mit bestimmten Zutaten, um genau die Farbe des Steins zu treffen - ein altes Hausrezept", sagt Manfred Messing.

Messing will mit seiner Arbeit den Ist-Zustand der Steine und ihre Standfestigkeit erhalten. Deshalb werden ältere Schäden und die verwitterten Schriftzeichen nicht ausgebessert. Schließlich nagt nicht nur der Zahn der Zeit an den 547 Grabsteinen, sondern auch Ereignisse wie der Orkan Kyrill im Jahr 2007.

Der Steinmetz- und Bildhauermeister kann auf eine lange Tradition zurückblicken, denn mit ihm übt seine Familie das Handwerk mittlerweile in der dritten Generation aus. Seit über 20 Jahren restauriert er Baudenkmäler. Auch am Deußtempel, der alten Post und dem Kaiser-Wilhelm-Museum hat Messing schon Hand angelegt. Doch bei der Restaurierung der alten Grabsteine, mit der die Stadt Krefeld Messing im Jahr 2003 beauftragte, galten andere Regeln. Es galt einen Spagat zwischen der Erhaltung der Grabsteine und der Würdigung der jüdischen Tradition zu machen.

Für den Auftrag auf dem Jüdischen Friedhof musste Manfred Messing selbst sich neues Wissen aneignen. Der ausgebildete "Restaurator im Steinmetzhandwerk" lauschte Vorträgen, las viele Bücher und suchte das Gespräch mit der Gemeinde, um der jüdischen Kultur bei seiner Arbeit gerecht werden zu können.

"Zu Beginn war es für uns alle ein vorsichtiges Herantasten", betont Wilfried Johnen, Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden. Die jüdische Tradition sieht vor, dass die Totenruhe nicht gestört werden darf. Gräber sind, anders als im Christentum, für die Ewigkeit gedacht. Sie werden normalerweise sich selbst überlassen und niemals restauriert. "Andererseits sind die Friedhöfe in Deutschland oft die letzte Erinnerung an jüdische Gemeinden - und diese sollte bewahrt werden", so Johnen.