Ungewöhnlicher Gedankenaustausch: Juden und Moslems begegnen sich
Vertreter beider Religionen haben sich getroffen – und Gemeinsamkeiten entdeckt.
Krefeld. Zwischen der jüdischen Synagoge an der Wiedstraße und der islamischen Haci Bayram Veli Moschee an der Sprödentalstraße liegen nur 970 Meter Luftlinie. Bisher aber trennten die beiden Gotteshäuser Welten. Religiöse. Das beginnt sich zu verändern.
Zum ersten Mal treffen sich Vertreter der Jüdischen Gemeinde und der Union der türkischen und islamischen Vereine zu einem offiziellen Gedankenaustausch. Ausgangspunkt war der 30. Juli vergangenen Jahres, als der Vorsitzende der türkischen Union, Mehmed Demir, in der Moschee sagte: "Wir werden die jüdische Gemeinde zu einem Dialog einladen."
Aus allen sieben Moscheen Krefelds kommen die Vorsitzenden und die Vorbeter (Imame) zur Synagoge an der Wiedstraße. Fast 20 Köpfe ist die Besuchergruppe stark. Begrüßt werden sie von den beiden Vorsitzenden der Gemeinde, Johann Schwarz und Michael Gilad. Nach einem Rundgang durch das helle und sympathische Gebäude erläutern die beiden Gastgeber die Geschichte der Juden in Krefeld, verweisen darauf, dass es früher fünf Synagogen in der Stadt gab und auf die hohe Opferzahl durch den Holocaust der Hitler-Diktatur.
Viele Gemeinsamkeiten von Juden und Moslems werden bei der Ess- und Trinkkultur festgestellt. Auch die Erläuterungen zur jüdischen Lithurgie, zu den täglichen Gebeten und der Trennung von Männern und Frauen beim Gottesdienst finden große Aufmerksamkeit. So sind jüdische Gotteshäuser Richtung Südosten gerichtet, Richtung Jerusalem, während islamische Moscheen sich etwas stärker Richtung Süden, nach Mekka ausrichten.
Johann Schwarz bilanzierte den jungen Dialog zwischen Juden und Moslems: "Man lernt sich nur kennen, wenn man miteinander spricht. Ein deutsches Sprichwort sagt, nur Sprechenden kann geholfen werden. Und wir sollten dieses Gespräch intensivieren". Beide Seiten gehörten einer monotheistischen Religion an.
Beide Seiten beten zu einem Gott und hätten viele gemeinsame religiöse Wurzeln. Unterschiede müssten sein und müssten ausgehalten werden. Schwarz: "Aber niemand darf sich als besser als der Andere geben. Keiner ist besser oder schlechter." Die Türen der Synagoge stünden auch für Islam-Gläubige immer offen, betonte Richter Schwarz, der Direktor des Amtsgerichts.
Das sei auch umgekehrt der Fall, betonte Mehmet Demir, der auch dem Ausländerbeirat der Stadt angehört. "Wir stehen am Anfang unseres Dialoges. Dieser Anfang ist viel versprechend. Für uns steht fest, dass wir unsere Kontakte ausbauen und verbessern wollen." Neben einer Spende für die jüdische Gemeinde hinterließen die Besucher auch eine Einladung für eine gemeinsame Fahrt zur großen Moschee in Duisburg-Marxloh, die dankend angenommen wurde.