Vom Prototyp bis zum Patent

An der Hochschule Niederrhein sollen Erfinder künftig stärker gefördert werden.

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Krefeld. Von der Idee bis zum Prototypen dauerte es rund eineinhalb Jahre. Ende 2010 präsentierten die Studentin Christine Steinem, die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Evelyn Lempa und die Professorin Dr. Maike Rabe von der Hochschule Niederrhein ihr leuchtendes Rollo. Dessen Vorzüge beschreibt Evelyn Lempa so: „Tagsüber kann es Licht aussperren und nachts kann es Licht erzeugen.“ Aber diese Anwendung sei natürlich nur beispielhaft, die eigentliche Erfindung seien selbstleuchtende Textilien und dafür seien verschiedene Verwendungen denkbar: „Ein Fernziel könnte der Bereich der Sicherheitsbekleidung sein. Schließlich sieht man Reflektoren nur, wenn sie angeleuchtet werden.“ Lempa jedenfalls ist „extrem zuversichtlich“, dass selbstleuchtende Textilien eine zukunftsträchtige Erfindung seien.

Davon ist auch Markus Menkhaus-Grübnau, Referent für Forschung und Transfer an der Hochschule Niederrhein, überzeugt. Stolz verweist er auf den Preis „ZukunftErfindenNRW“, den die drei Erfinderinnen für ihre selbstleuchtenden Textilien erhalten haben. Und das damit einhergehende Renommee strahle natürlich auch auf die Hochschule ab.

Hinzu käme, dass die Hochschule bei sogenannten Diensterfindungen ein Anrecht auf zwei Drittel der eventuell aus den Erfindungen resultierenden Einnahmen habe, wobei das übrige Drittel an den jeweiligen Erfinder gehe.

Auch deshalb will die Hochschule Erfindungen künftig verstärkt fördern. Menkhaus-Grübnau: „Wir wollen ein Innovationslabor einrichten. Außerdem fängt am Dienstag ein neuer Patentscout an. Bisher war es nur eine sechstel Stelle, wir haben das auf eine halbe ausgebaut.“

Die Aufgaben des Patentscouts erklärt er so: „Der hält regelmäßig eine sogenannte Erfindersprechstunde ab, in der Dozenten, Wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten, aber auch Verwaltungsmitarbeiter, ihre Ideen präsentieren können.“ Käme der Patentscout dabei zu dem Schluss, dass die Erfindung das Potenzial für ein Patent habe, leite er diese an Provendis weiter.

Provendis ist die zentrale Patentvermarktungsgesellschaft für die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. Um die finanziellen Risiken auf dem langen Weg von der Idee über den Prototyp bis hin zum Patent für die Hochschulen zu minimieren, beurteilt Provendis die Erfindungen im Wesentlichen nach drei Faktoren. Projektmanager Thorsten Schaefer: „Gegeben seien müssen Neuheit, eine gewisse Erfindungshöhe und Vermarktbarkeit.“

Neuheit und Erfindungshöhe seien Bedingung für die Patenterteilung und die Vermarktbarkeit sei erforderlich, um aus dem Patent auch Kapital schlagen zu können: „Das kann durch eine Existenzgründung, eine Lizenzvergabe oder den Patentverkauf geschehen.“

Auch die selbstleuchtenden Textilien wurden von Provendis auf diese Weise bewertet — und für gut befunden. Schaefer: „Die Beachtung seitens der Unternehmen ist definitiv da. Und ich bin auch sehr zuversichtlich, dass ein Patent erteilt wird.“

Die Entscheidung darüber liegt beim Deutschen Patent- und Markenamt. Dort wurden die selbstleuchtenden Textilien vor etwa fünf Jahren zum Patent angemeldet, die Prüfung läuft noch. Pressesprecherin Petra Knüfermann möchte aber keine Prognose abgeben, ob ein Patent erteilt wird: „Das kommentieren wir grundsätzlich nicht.“ Zu dem langwierigen Prüfungsprozess sagt sie: „Fünf Jahre ist ungefähr der Durchschnittswert.“

Diese langen Fristen könnten auch damit zusammenhängen, dass nicht nur Neuheit und Erfindungshöhe geprüft werden, sondern auch, ob eine Erfindung grundsätzlich überhaupt funktionieren kann. Und diese Vorgabe, so Knüfermann lachend, werde erstaunlich häufig auf geradezu groteske Weise unterlaufen: „Wir haben eine Prüfabteilung, die sich regelmäßig mit dem Perpetuum mobile befassen muss.“