Werner Rittbergers Sprung - Segen und Fluch zugleich
Der Krefelder Werner Rittberger hat als Eiskunstläufer und Trainer große Erfolge gefeiert.
Krefeld. Seit Generationen wachsen Eiskunstläufer in aller Welt mit seiner „Erfindung“ auf. Doch nicht alle angehenden Eislaufsternchen finden freundliche Worte für Werner Rittberger, Deutschlands wohl bedeutendsten Eiskunstläufer, der 1975 in Krefeld starb.
Denn der nach ihm benannte „Rittberger“ ist vor allem in seinen doppelten und dreifachen Versionen keine leichte Kost. An seine Verdienste um Krefelds Eislauf erinnern heute ein großes Konterfei und der Gebäude-Name: Werner-Rittberger-Halle.
Das Wichtigste bei Anekdoten und Legenden ist, dass sie sich gut erzählen lassen. So ist keinesfalls historisch verbürgt, ob die Geburtsstunde des „Rittbergers“ wirklich 1909 im Berliner Eispalast war.
Mitten in Rittbergers verschnörkelte Figuren zu den damals üblichen sanften Operettenklängen schlug jemand heftig auf die Pauke — Rittberger sprang vor Schreck, machte von rückwärts eine ganze Drehung in der Luft und landete wieder auf dem Absprungbein.
„Er hat den Sprung aus dem Hut gezaubert“, erzählt seine spätere Assistentin Ruth Hütter, die selber lange Jahre als Trainerin für Krefelds Eiskunstlauf engagiert war. Das Publikum habe getobt, der „Rittberger“ war geboren. „Er selbst konnte ihn bis zum Ende seines Lebens nur einfach“, erinnert sich Hütter.
Was ihn eigentlich etwas vor dem Zorn seiner Nachfolger schützen sollte, denn erst ab zwei Umdrehungen entfaltet der Sprung seine ganze Schwierigkeit. Einbeiniger Absprung und kaum Möglichkeiten durch Schwungbewegungen mit Armen oder Spielbein zu unterstützen — da sind drei volle Körperdrehungen während der durchschnittlich 0,4 Sekunden „Luftfahrt“ schon eine echte Herausforderung.
Der Kunstlauf- und spätere Fernsehstar Rudi Cerne, der in den 1970er Jahren in Krefeld trainierte, sollte einmal dem greisen Rittberger in der Rheinlandhalle „seinen“ Sprung vorführen, krachte auf die Hüfte und schimpfte leise: „Der hätte sich auch was Besseres einfallen lassen können.“
Hauptberuflich Handelsvertreter und Sportjournalist, organisierte Rittberger für den Eishallenbetreiber Willi Münstermann das, was man heute nachhaltige Kundenbindung nennen würde. Heranführen mit Eislaufunterricht und Laufschule im öffentlichen Lauf, ausbauen mit Wettkampfsport. Rittberger trainierte in Krefeld die Weltmeister Ria und Paul Falk, coachte die imposante Kürläuferin Ina Bauer.
Als er 1975 in einem Krefelder Pflegeheim starb, war er keineswegs verarmt und einsam, wie es oft erzählt wird. Er habe wohl aus heutiger Sicht an Altersdemenz gelitten, aber der Familie immerhin nettes kleines Erbe hinterlassen, korrigiert sein Enkel Michael Rittberger entsprechende „Legenden“.