Das Sparpaket und die SPD: Partei-Basis treibt Fraktion an
Über einschneidende Maßnahmen des Sparpakets wird möglicherweise erst nach der Landtagswahl entschieden. Die SPD-Fraktion braucht Zeit.
Wuppertal. In der Diskussion um das Sparpaket der Stadtspitze gerät die SPD-Fraktion unter Druck, und der kommt auch aus dem eigenen Lager. "In den Ortsvereinen weiß niemand so recht, was in der Fraktion passiert", klagt ein Genosse gegenüber der WZ.
Tatsächlich wird die SPD-Ratsfraktion und deren Bündnis mit der CDU von Teilen der Basis mit Argwohn betrachtet. Die schwarz-rote Kooperation wäre bereits auf dem Parteitag der SPD um ein Haar geplatzt und konnte nur durch ein beherztes Eingreifen von Parteichef Dietmar Bell gerettet werden.
Nun vermissen offenbar einige Genossen das ebenso beherzte Fraktionsengagement in Sachen Sparpaket. Aus deren Reihen heraus wird hingegen mit erhöhtem Diskussionsbedarf argumentiert. "Wer jetzt bereits Beschlüsse erwartet, ja gar Unvermögen unterstellt, nimmt dem Ziel und der Diskussion den Raum. Jetzt gilt es, intensiv mit den Menschen über die Zukunft Wuppertals zu sprechen", argumentiert Ratsmitglied und Juso-Vorsitzender Daniel Kolle.
Fraktionschef Klaus Jürgen Reese verweist auf eben jenen Kooperationsvertrag: "Er regelt den Zeitplan. Zunächst werden wir die Punkte aus dem Sparpaket herausfiltern, die keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Bürger haben." Sie könnten bereits in der März-Sitzung des Rates beschlossen werden. Gleichzeitig müsse man Gespräche mit Betroffenen über die einschneidenden Maßnahmen führen. Wann es bei diesen Punkten zu Beschlüssen kommen könne, sei nicht abzusehen. "Auf jeden Fall später. Wir lassen uns nicht unter Druck setzen. Wir brauchen Zeit für die Beratungen, schließlich hat sich der Kämmerer ja auch Zeit gelassen mit der Vorlage seines Konzepts", so Reese, der "zu Beginn des neuen Jahres" in die Diskussion gehen will.
Auf breiter Basis diskutieren will auch Dietmar Bell - aber zügig. "Wer glaubt, man könne ein Haushaltssicherungskonzept in kleinen Zirkeln vordiskutieren, der spinnt. Wir müssen eine breite Debatte führen - und zwar jetzt." Ihm dauert es viel zu lange, wenn die wichtigen Entscheidungen möglicherweise erst im Sommer fallen. Nach der März-Sitzung folgen nämlich nicht nur die Osterferien, sondern steht auch die Landtagswahl an.
Auch den Sozial- und Kulturinitiativen, die mit ihrer Finanzplanung für 2010 in der Luft hängen, wäre ein schnelleres Verfahren mehr als willkommen.
Bell beteuert zwar, uneingeschränkt zur Fraktion zu stehen, kann möglichen Unmut in den Ortsvereinen aber nachvollziehen. Die Signale müsse die Fraktion aufnehmen. Für Reese bedeuten die zunächst, die interne Kommunikation zu verbessern.
Darüber denkt auch Parteichef Bell laut nach und macht keinen Hehl daraus, dass er sich andere Kommunikations-Strukturen und Entscheidungswege innerhalb der SPD vorstellt. "Wir müssen eine neue Strategie in der politischen Diskussion umsetzen, sonst haben wir die große Sinnkrise in der Partei."
Dabei soll das Haushalts-Sparpaket von Kämmerer Johannes Slawig und Oberbürgermeister Peter Jung (beide CDU) nach den Vorstellungen Bells nicht nur unter Genossen diskutiert werden. Der Parteichef will den großen gesellschaftlichen Dialog. Er ist aber auch gleichzeitig bereit, sich punktuell zu positionieren. Beim Verkauf von GWG-Anteilen wollen sich die Sozialdemokraten quer stellen und haben bei diesem Punkt bereits im Kooperationsvertrag mit der CDU Vorsorge getroffen. "Und eine pauschale Reduzierung um zehn Prozent im Sozialbereich wird es mit der SPD auch nicht geben", gibt sich Bell kämpferisch.
Wie groß der Handlungsdruck ist, macht Bell am Beispiel Theaterschließung fest. "Wir stehen vor dem Trümmerhaufen der kulturpolitischen Debatte. Wenn das Schauspielhaus geschlossen wird, bedeutet dies das Ende von Sprech- und Tanztheater. Dann bauen wir den neuen Döppersberg und präsentieren 300 Meter weiter eine Ruine."