Offen gesagt Die Zeit der kühlen Köpfe
Wuppertal. Bei all dem Schlechten hat die Schieflage der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) auch etwas Gutes: Jetzt muss Tacheles geredet werden, jetzt muss Transparenz walten.
Schönfärberei in bunten Diagrammen hilft da nicht. Denn letztlich geht es um die eine entscheidende Frage: Braucht Wuppertal die GWG überhaupt noch?
Der neuerliche Finanzbedarf hat bei einigen Beobachtern den Reflex ausgelöst, das städtische Tochterunternehmen abzuwickeln. Sie wollen nicht noch einmal 50 Millionen Euro oder vielleicht auch noch mehr in das marode Unternehmen pumpen. Die Folgen wären freilich immens. Die Banken müssten ihre Außenstände abschreiben, der Schuldenstand der Stadt wüchse um bis zu 100 Millionen Euro an, und was noch schwerer wiegen sollte: Gut 70 Menschen verlören ihre Arbeit und fast 10 000 Wuppertaler einen verlässlichen, wenn auch latent klammen und deshalb investitionsunfähigen Vermieter. Entsprechend sehen viele GWG-Immobilien schließlich auch aus.
Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob nun nicht der Zeitpunkt gekommen ist, den Immobilienmarkt jenen zu überlassen, die bessere Voraussetzungen haben. Die GWG ist durch und durch verschuldet. 300 Millionen Euro sind ein Berg, der so schwer auf dem Unternehmen lastet, dass ihm die Luft zum Atmen fehlt. Umso ärgerlicher ist, dass ein Großteil der Last von einem Korruptionsskandal herrührt, der bis heute nachwirkt. So drohen die Akteure der Gegenwart an den hochkriminellen Machenschaften ihrer Vorgänger zu scheitern. Und auch in der jüngeren Vergangenheit ist dem Unternehmen nicht immer gut mitgespielt worden. Der Verkauf einiger Tausend Wohnungen hat die GWG nicht gestärkt. Dass sie auch in schon schlechteren Zeiten Geld an die Stadt abführen musste, erwies sich im Nachhinein ebenfalls als weniger gute Idee.
Es stimmt zwar, dass mit Wohnungsbau noch Geld zu verdienen ist, Genossenschaften wie der Eisenbahn-Bauverein Elberfeld (EBV), aber auch gemeinnützige Gesellschaften in anderen Städten beweisen das. Und es ist ebenso richtig, dass gesunde städtische Wohnungsbaugesellschaften ein sehr wichtiges Instrument sind, einen für alle Einkommensschichten nützlichen Immobilienmarkt zu erzeugen. Doch von all diesen Vorzügen ist die GWG derzeit meilenweit entfernt.
Soll jetzt also das Schlusskapitel der 80 Jahre währenden Geschichte geschrieben werden? Nein. Und schon gar nicht aus Prinzip. Jetzt ist nicht die Stunde der politischen Ideologen, der Privat-vor-Staat-Fetischisten. Jetzt ist die Zeit der kühlen Köpfe, der Strategen, der Rechner. Wer die GWG erhalten will, der muss für sie zunächst ein Konzept erarbeiten, einen Plan, der in einem absehbaren Zeitraum den Nutzen garantiert, den so eine Gesellschaft haben kann — und natürlich schwarze Zahlen. Wenn es diesen Plan gibt, läuft die Stadt nicht mehr Gefahr, schlechtem Geld noch mehr gutes hinterherzuwerfen. Gibt es diesen Plan nicht, hat der Stadtrat keine andere Chance, als den Daumen zu senken. Dann sind die Tage der GWG gezählt. Alternativlos.
Denn andernfalls entstünde womöglich der Eindruck, die städtische Wohnungsbaugesellschaft würde nur noch als hochdefizitärer Postenlieferant für Kommunalpolitiker und Parteigänger benötigt. Das kann Wuppertal sich schon lange nicht mehr leisten. Und die Wup- pertaler wollten das sowieso noch nie.