Flaschenpost zu Weihnachten
Geheimnisvolle Botschaft in der Wupper gefunden
Neulich, am Islandufer: Pause machen. Etwas Luft holen im Trubel — mit vier Tragetaschen in den Händen und einem Wunschzettel in der Hosentasche, geschrieben von den Neffen und der Nichte daheim. Mission erfüllt, wieder mal alle Geschenke an Bord geholt, und jetzt schnell Anker hoch und Leinen los — ab nach Hause.
Nur noch einen kurzen Blick auf die Wupper werfen, bevor es zurück zum Auto geht, und ein wenig im Gedanken der Schwebebahn folgen, die an diesem Dezemberabend westwärts nach Vohwinkel braust, als hätte sie niemals etwas anderes getan.
In das Donnern des Zugs am Himmel mischt sich mit einem Mal ein leises Klirren. Das Geräusch kommt aus dem Wasser: Glas auf Stein, Stein auf Glas — kling, klang — im Takt der Wellen. Und dann schaukelt sie in Sicht, die 100 Jahre alte Flasche mit dem dicken Bauch. Gut verkorkt im Wellengang und jetzt zum Greifen nahe.
Also schnell runter in die Hocke, die Taschen beiseitelegen und nach vorne greifen, um den Flaschenhals zu erreichen — zuerst nur mit dem Zeigefinger und schließlich mit der ganzen Hand. Nass und kalt! Kalt und nass! Aber egal: Weihnachten wird nach wie vor im Traum entschieden, und dieser hier scheint ein ganz besonderer zu sein.
Die Weinflasche liegt schwer in den Händen, und wenn die Augen nicht täuschen, tauchen dicht unter ihr zwei Wanderfische ab. Haben sie die geheimnisvolle Flasche bis ans Ufer gezogen? Was an der Wupper zählt, ist das Ergebnis — und der vergilbte Brief, der aus ihrem Bauch fällt, als der Korken verschwunden ist. Inzwischen rauscht der nächste Zug mit Weihnachtsmännern am Abendhimmel vorbei. Diesmal Richtung Barmen.
Der Brief in geschwungener Schrift ist mit himmelblauer Tinte geschrieben und im Laternenschein an der Promenade gut zu lesen: „Lieber W.Zetti. Wenn Du dieses Schreiben liest, ist Weihnachten. Wünsch Dir was Schönes für die Stadt. Aber vorher schiebst Du bitte alle Sorgen in diese Flasche und schickst sie weiter über den Rhein bis in die Nordsee. Dort kümmert sich Neptun um sie. Er weiß Bescheid. Das Porto ist bezahlt. Beste Grüße auch an alle, die nach wie vor an mich glauben — der Weihnachtsmann.“
Gesagt, getan. Mit ordentlich Tiefgang schaukelt die frisch verkorkte Flasche Richtung Leverkusen fort. Und da sind sie wieder, die Wanderfische: Eskorte unter Wasser, mit bestem Gruß an Neptun und die Tiefsee. Dort gehören heute alle Sorgen hin. Der Traum geht ins Finale und der Weihnachtswunsch für Wuppertal an den Start. Er ist schlicht, vom Umtausch befreit und passt in kein Geschenkpapier:
Zuversicht.