90.000 Jecken feiern am Zug

Bei strahlendem Wetter erlebten die Wuppertaler einen besonders fröhlichen Rosensonntagszug. Die WZ fuhr auf einem Wagen mit.

Wuppertal. Der Wuppertaler Rosensonntagszug hat sich noch nicht in Bewegung gesetzt, da ist auf dem Wagen der Karnevalsgesellschaft Colmar die Stimmung schon auf dem Höhepunkt. Es wird gesungen und geschunkelt — besonders als der DJ „Et Lehnchen“ von der Mundartband Striekspöen auflegt. Der erste Vorsitzende der Colmarer Karnevalisten, Armin Loose, grüßt seine Mitstreiter übers Mikrofon: „Liebe Karnevalsgesellschaft, ich wünsche euch einen tollen Zug — mit einem dreifachen Wuppdi-Ka, Wuppdi-Ka, Wuppdi-Ka!“

Kaum ist der Schlachtruf des Wuppertaler Karnevals verklungen, setzt sich der Zug in Bewegung — pünktlich um 14.11 Uhr. Auch der Wagen der Ka. Ge. Colmar ruckelt los. Die eigens angefertigten Kamelle-Kästen sind bis oben hin gefüllt — mit Schokoriegeln, Popcorn, Fruchtgummi und Bonbons.

Insgesamt 200 Kilogramm Zuckerzeug haben die Jecken der Ka. Ge. geladen, um sie unters Volk zu bringen. Insgesamt werden an diesem Rosensonntag geschätzt mehr als eine Tonne Süßigkeiten ins Publikum fliegen. Dennoch ist Haushalten angesagt — immerhin ist die Strecke mehr als sieben Kilometer lang und auch auf den letzten Metern sollen die Narren am Streckenrand noch versorgt werden.

Die ersten Kamelle werfen dürfen die Karnevalisten aber erst auf der B7 — denn auf den ersten Metern gilt ein Wurfverbot aus Sicherheitsgründen. Zu eng ist es auf der Brücke an der Schwebebahnhaltestelle Wupperfeld, zu nah kommen die Zuschauer sonst den Wagen, zu groß ist dann die Gefahr, dass jemand unter die Räder gerät.

Damit das auf der gesamten Strecke nicht passiert, wird jeder Wagen des Zuges von Ordnern begleitet — 96 sogenannte Radbegleiter sind es insgesamt. Nach Auskunft der Colmarer Jecken wurden sie vor einigen Jahren eingeführt, nachdem es tatsächlich bei einem Zug einen Unfall mit einem Kind gab. Die Begleiter sind nur ein Teil des umfangreichen Sicherheitskonzepts, mit dem der diesjährige Zug auf die Strecke geht (die WZ berichtete). Bei den Colmarern übernimmt die Jugendabteilung des TSV Ronsdorf diesen Service. Das bringt etwas Geld für die Vereinskasse und zwischendurch ein paar hausgemachte Frikadellen.

Als der Colmarer Karnevalswagen die B7 erreicht, denkt jedoch niemand an Bürokratie und Vorschriften. Vom Wagen blicken die Karnevalisten auf dicht gedrängt stehenden Menschen. Manche halten nur mitgebrachte Beutel für die Kamelle hoch, doch die meisten lachen, jubeln oder singen den Wagen entgegen.

„Das ist doch das Schönste am Karneval“, freut sich Gudrun Lippe und wirft eine Handvoll Kamelle in die Menge. Am Straßenrand sammeln die Narren die Süßigkeiten eifrig auf. Zwar sind viele nicht verkleidet, aber trotzdem bekommen sie ihren Anteil. „Wenn Sie das hier sehen“, sagt Armin Loose strahlend und zeigt auf die Menschenmenge, „dann wissen Sie, wofür Sie das ganze Jahr gearbeitet haben.“

In diesem Jahr ist es wohl vor allem dem guten Wetter zu verdanken, dass so viele Menschen sich den Zug ansehen. Thomas Esser ist vor allem seiner Kinder wegen hergekommen — er erinnert sich gut daran, wie viel Spaß er selbst als Kind am Rosensonntag hatte: „Das war eine Riesengaudi.“ Doch es konnte auch brenzlig werden: „Wer nicht schnell genug die Kamelle aufgelesen hatte, dem wurde einfach auf die Finger getreten.“

Tumultartige Szenen gibt es auch in diesem Jahr. Mancher Narr sieht vor lauter Kamelle die Wagen nicht mehr. Die Ordner des TSV Ronsdorf haben viel zu tun, damit es am Colmarer Wagen keinen Zwischenfall gibt.

Und ihre Arbeit zahlt sich aus: Bis zur Ankunft des Zuges in Elberfeld gegen 17 Uhr registrieren die Narren nichts außer der Freude des Publikums. Auf dem Rückweg in die Wagenhalle ist Armin Loose, der auch zweiter Vorsitzender des Carneval Comitees Wuppertal ist, hochzufrieden: „Wir haben die 80 000 aus dem letzten Jahr übertroffen. Das ist eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit.“