Karneval „Nur nicht lachen!“ - Geheimnisse des Karnevals von A(laaf) bis Z(och)

Düsseldorf · Bei welcher Kölner Hymne rasten Düsseldorfer aus? Was ist eine Sterbehilfe mit drei Buchstaben? Und was sagt die Justiz zu Körperverletzung durch Kamelle? Unser Karnevals-ABC gibt Antworten auf drängende Fragen.

Nicht nur in Köln (im Bild) wird ab Altweiber kräftig gefeiert.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Der Karneval ist eine Welt für sich. Hier einige zentrale Fachausdrücke und Problemfelder in alphabetischer Reihenfolge:

ALAAF, KÖLLE: Ruf der Kölner Karnevalisten. Bedeutet so viel wie „Köln über alles“. Soll erstmals ertönt sein, als Kölner Wutbürger im Mittelalter einen erzbischöflichen Festungsturm stürmten. Heute sitzt dort Alice Schwarzers „Emma“-Redaktion.

BRINGS: Vor ein paar Jahren wurde in eine Kölner Wohnung eingebrochen. Einen nagelneuen Laptop auf dem Schreibtisch verschmähte der Täter - die direkt daneben liegenden Karten für ein Konzert der Karnevalsband Brings ließ er sich dagegen nicht entgehen.

CARNEVAL, PRINZ: Ursprünglich gab es keinen Karnevalsprinzen, sondern einen Karnevalskönig. Die preußische Polizei setzte 1824 jedoch durch, dass aus dem König Carneval ein Held Carneval und später ein Prinz wurde. Begründung: In Preußen gibt es nur einen König, und der sitzt in Berlin.

DAVIDSTERN: Findet sich unter der Karnevalsmütze der „Kölsche Kippa Köpp“, des ersten jüdischen Karnevalsvereins seit dem Krieg.

ENTHEMMUNG, BEFRISTETE: Der Karneval stellt die Welt auf den Kopf - aber nur für ein paar Tage. Die Devise lautet: Heute feiern, morgen wieder in der Reihe tanzen.

FROHSINN, ORGANISIERTER: Der Sitzungskarneval kann eine sehr ernste Sache sein, es gilt die Regel: „Nur nit laache!“ (Nur nicht lachen!) Jedenfalls nicht an der falschen Stelle.

GEISTERZUG: Anarchischer Kölner Gegenentwurf zum offiziellen Karneval, wirkt wie eine Mischung aus Sankt Martin und Halloween. Dumpfe Trommelschläge statt Karnevalskapelle. Jeder kann spontan mitmachen.

HÖHNER: Karnevalsband, die insbesondere den Kölnern immer wieder versichert, dass es an ihrer Stadt nichts mehr zu verbessern gibt. Stichwort: „Kölle du bes e Jeföhl“ (Köln du bist ein Gefühl).

INDIANER: Früher der Klassiker, heute ein Nischenkostüm und nach Meinung mancher Wissenschaftler rassistisch.

JUNGFRAU: Ein Mitglied des Kölner Dreigestirns, das traditionell von einem Mann verkörpert wird - außer während der Nazizeit, da war die Travestie verboten.

KÖLSCH: Wurde von Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll als „harntreibendes Lokalgebäu“ beschrieben. Das Düsseldorfer Alt wiederum wird von Kölnern gern als „Sterbehilfe mit drei Buchstaben“ verunglimpft.

LOB DER TORHEIT: Titel eines Buches des Humanisten Erasmus von Rotterdam (1466/69-1536). In der europäischen Geistesgeschichte bildet es die theoretische Grundlage für alle Arten von Spott, Parodie und Satire.

MÖBELHAUS: Fluchtpunkt nicht karnevalisierbarer Gegner des organisierten Frohsinns. Ihr Motto: „Der Trick ist, dass man sich verpisst, bis wieder Aschermittwoch ist.“

NEGER, ERNST: Größter aller Fastnachtsstars. Lebte von 1909 bis 1989 in Mainz. Eine Theorie besagt, dass sein Lied „Heile heile Gänsje“ den schuldbeladenen Deutschen der Nachkriegszeit unterschwellig die Vergebung ihrer Sünden suggerierte.

ORDEN: Sollten im Karneval einst höfische und militärische Ehrungen parodieren, wurden dann aber selbst zum Prestigeobjekt.

PRINZESSINNENFUMMEL: Gestern noch Bürokraft, heute Prinzessin im rosa Fummel mit Plastikdiadem im Haar: Nirgendwo ist der Karneval so authentisch wie im Rollentausch.

QUERULANTENTUM: Falls man durch Kamelle oder andere Wurfgeschosse beim Rosenmontagszug verletzt wird, hat man sich das selbst zuzuschreiben. Kamelle-Werfen sei in Köln „sozial üblich, allgemein anerkannt und erlaubt“, hat das örtliche Amtsgericht entschieden.

RELAXEN: Eigentlich das Wichtigste am Karneval: Alltag und Sorgen mal vergessen. Merke: Nie war die Pappnase so wertvoll wie heute!

STELTERGATE: Hashtag einer heftigen Doppelnamen-Humor-Debatte, nachdem die Besucherin einer Karnevalssitzung den Komiker Bernd Stelter unterbrochen hatte. Auslöser ihres Ärgers war ein Witz über den Namen von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

TUSCH: Zeigt den Teilnehmern einer Karnevalssitzung an, wann sie zu lachen haben (siehe auch: Frohsinn, organisierter).

UNIFORM: Achtung: Die Prinzengarde trägt kein Kostüm, sondern Uniform.

VIVA COLONIA: Karnevalshymne, zu der jeder rheinische Gemütsmensch auf den Tischen tanzt. Sogar in Düsseldorf.

WILDPINKLER: Ihr prominentestes Opfer an Karneval ist der Kölner Dom, wo der ätzende Urin das jahrhundertealte Gestein zersetzt.

ZOCH: Wer nicht weiß, was der Zoch ist, dürfte zu jener Mehrheit der Bundesbürger zählen, denen Karneval egal ist.

(dpa)