Offen gesagt: Vier Räder und das Gewohnheitsrecht
Seit der Sperrung des Teilstücks der B 7 haben Verkehrszeichen für viele Autofahrern mit dem Kennzeichen W offensichtlich nur noch empfehlenden Charakter. Ähnliche Beobachtungen kann man in Südafrika machen, wo es auf Überlandfahrten für Leib und Leben wichtig ist, sich nicht allzu sehr auf Vorfahrtsschilder zu verlassen.
Wer an einer Kreuzung anhält, sollte abwarten, was die tun, die schon länger dort stehen. Und er sollte so lange mit der Weiterfahrt warten, bis er an der Reihe ist.
In Wuppertal konnte man sich bis vor einigen Tagen noch darauf verlassen, dass ein Verkehrsschild bestimmt, wer wo und wie an der Reihe ist. Anarchie ist auf Wuppertals Straßen zwar nicht ausgebrochen, aber viele Autofahrer haben das Gewohnheitsrecht für sich entdeckt. Hier bin ich immer lang gefahren — hier fahre ich weiter her — das scheint die Devise im Zeitalter der B 7-Sperrung.
An der Bendahler Straße in Höhe des Media Marktes steht vor der Bahnunterführung ein Schild, das die Fahrtrichtung geradeaus vorgibt. Dieses Schild scheint unsichtbar zu sein, denn im Minutentakt wird trotzdem der Blinker gesetzt und nach links in die Mauerstraße zum Wicküler Park abgebogen. Auch bei den Durchfahrtsverbotschildern an der Einmündung vom Hesselnberg in die Bendahler Straße muss es sich ja wohl um eine Fata morgana handeln. Tempo 30 gilt jetzt für die gesamte Wolkenburg, aber es fällt vielen offenbar schwer, das zu akzeptieren. Wer auf dem Wall mit seinem Privatwagen schneller als im Schritt-Tempo unterwegs ist, hat gleich zwei Schilder „übersehen“: Tempo 20 und das Durchfahrtsverbot.
Vor einigen Tagen hat die Polizei die Schonfrist für Verkehrssünder für beendet erklärt. Ein Verkehrsschild ist ein Verkehrsschild — und darüber lassen sich auch keine endlosen Diskussionen führen. Das gilt gerade auch in Zeiten, in denen sich so mancher Wuppertaler als heimlicher Märtyrer der Döppersberg-Umleitungen fühlt und auf sein Gewohnheitsrecht pocht. Drei Jahre wird Wuppertal mit den Umleitungen leben müssen. Das Leben ist zu kurz, um auf Verkehrszeichen und Verkehrsregeln zu verzichten.