Erdogan ruft Türken in Deutschland zu Wahlboykott von CDU und SPD auf

Der türkische Präsident fordert die türkischstämmigen Wähler in Deutschland auf, bei der Bundestagswahl nicht für die CDU, die SPD oder die Grünen zu stimmen. Sie seien "alle Feinde der Türkei".

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Archivbild.

Foto: Burhan Ozbilici

Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die türkischstämmigen Wähler in Deutschland aufgerufen, bei der anstehenden Bundestagswahl nicht für die CDU, die SPD oder die Grünen zu stimmen. Sie seien "alle Feinde der Türkei", sagte Erdogan nach dem Freitagsgebet in Istanbul. Die Deutsch-Türken sollten am 24. September für Parteien stimmen, die die aktuelle anti-türkische Politik nicht mittragen.

Für die Spannungen mit der Türkei sei allein Deutschland verantwortlich, sagte Erdogan laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Die SPD und die CDU machten Stimmung gegen die Türkei, um Wähler zu gewinnen. "Ich rufe daher alle meine Bürger in Deutschland auf, sie niemals zu unterstützen. Weder die CDU, noch die SPD oder die Grünen. Sie sind alle Feinde der Türkei", sagte Erdogan. "Gebt den politischen Parteien Unterstützung, die der Türkei nicht feindlich gesinnt sind. Es ist nicht wichtig, ob sie die erste oder zweite Partei sind", sagte Erdogan. Es handele sich dabei "für meine Bürger in Deutschland" um eine Frage "der Ehre".

Die Parteien die Linke, die FDP oder die AFD, die ebenfalls der türkischen Regierung äußerst kritisch gegenüberstehen, erwähnte Erdogan nicht ausdrücklich. In Deutschland gibt es rund 1,25 Millionen wahlberechtigte Deutsch-Türken. Studien zufolge wählen etwa zwei Drittel von ihnen zumeist die SPD, die anderen Grüne, Linke und CDU. Trotz ihrer Präferenz für die Sozialdemokraten unterstützen viele Deutsch-Türken zugleich Erdogan und seine islamisch-konservative AKP. Bei Wahlen schneidet die AKP in Deutschland regelmäßig besser ab als in der Türkei.

Erdogans Äußerungen dürften die deutsch-türkischen Beziehungen weiter belasten, die ohnehin seit Monaten stark angespannt sind. Die Regierung in Ankara wirft Deutschland vor, nach dem Putschversuch von Juli 2016 nicht genug Solidarität gezeigt zu haben und Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen Zuflucht zu gewähren, den Ankara für den Umsturzversuch verantwortlich macht. Die Bundesregierung äußerte sich ihrerseits besorgt über das harte Vorgehen Erdogans gegen seine Gegner. Viele Politiker warnten vor dem umstrittenen Referendum im April zur Ausweitung von Erdogans Macht vor einem Abgleiten in die Autokratie.

Für massiven Streit sorgten Vorwürfe Erdogans, Deutschland benutze "Nazi-Methoden", als deutsche Behörden seinen Ministern Wahlkampfauftritte untersagten. Nachdem im Februar und im April bereits der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel und die deutsche Journalistin Mesale Tolu festgenommen worden waren, wurde Anfang Juli auch der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner inhaftiert. Ihnen werden Terrorunterstützung vorgeworfen. Zudem gab es Berichte, die türkischen Behörden ermittelten gegen deutsche Unternehmen wegen Terrorverdachts.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) kündigte daraufhin eine "Neuausrichtung" der deutschen Türkei-Politik an. Deutsche wurden aufgefordert, sich bei Türkei-Reisen beim Konsulat zu registrieren. Zudem will die Bundesregierung die Fortzahlung staatlicher Exportgarantien überprüfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich am Mittwoch außerdem gegen eine Ausweitung der EU-Zollunion mit der Türkei aus. afp