Bundestagswahl 2017 Wahlideen-Check: Die Grünen und der Mobilpass
Alle Parteien haben in ihren Wahlprogrammen markante und zum Teil auch ungewöhnliche Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute: Der Mobilpass der Grünen.
Die Idee: Die Nutzung öffentlicher Verkehrsangebote soll nach dem Willen der Grünen funktionieren wie die Onlinebestellung von Pizza. Um das Ziel zu erreichen, wollen die Grünen einen Mobilpass einführen. Mit nur einer App ließe sich dann die gesamte Reise von Tür zu Tür über alle Verkehrsmittel hinweg buchen. Denn nicht nur Bahnen und Busse sollen integriert werden, sondern auch Car- und Bikesharing-Angebote, Taxis und Fähren. Auch die Bezahlung soll automatisch erfolgen.
Der Haken: Die Grünen wollen die mehr als 130 Verkehrsverbünde in Deutschland durch einen einheitlichen Standard überflüssig machen. Das ist schon mal eine Herkulesaufgabe, weil damit auch der bestehende Tarifdschungel gelichtet werden müsste. Die Tarifhoheit liegt zudem bei den Kommunen. Außerdem wenden sich die Grünen vor allem an jene, die weit reisen wollen. Laut Verband der Verkehrsverbünde begnügen sich aber 80 Prozent der Bürger mit dem öffentlichen Personennahverkehr in ihrer Region. Und für diese Fahrten gib es schon digitale Angebote. Auch sind die regionalen Bedürfnisse und Mobilitätsangebote sehr unterschiedlich.
Die Bewertung: Die Grünen haben Recht: An den Orten in Deutschland, wo das Angebot vielfältig ist, wächst die Herausforderung, sich durch zahlreiche Apps, Nutzungsbedingungen und den Tarifdschungel zu kämpfen. In ländlichen Regionen wird das Angebot vielerorts geringer, sodass Menschen oft Schwierigkeiten haben, von A nach B zu kommen. In Stadt und Land ist die Problemlage aber an vielen Punkten dieselbe - es gibt es kein einheitliches Ticket für den Regionalzug, für die S-Bahn und das regionale Carsharing-System. Ein Busticket kann oft immer noch nur vor Ort gekauft werden. Der Grund liegt in den unterschiedlichen Tarifsystemen. In der neuen digitalen Welt und bei den veränderten Mobilitätansprüchen der Menschen ist das alles nicht mehr zeitgemäß.
Fazit: Die Unübersichtlichkeit von Angeboten und Tarifbestimmungen zu beseitigen, ist eine Mammutaufgabe. Das räumen auch die Verkehrsverbünde ein, die der Idee prinzipiell positiv gegenüberstehen. Dann stellt sich noch die Frage, an wen das Geld des Kunden (was soll der Spaß überhaupt kosten?) letztendlich fließt — an den, bei dem zuerst gebucht worden ist, oder an den Verkehrsträger am Ankunftsort? Die Verteilung der Einnahmen wird heikel werden. Das alles gelingt nur, wenn sich Bund, Länder, Kommunen und Verkehrsunternehmen gemeinsam an die Arbeit machen. Schön wär‘s.