Darmkeim Ehec: Unheimlich und aggressiv
Infektionen stellen Experten vor große Rätsel. Sie suchen nach einer Therapie.
Münster. Unheimlich, aggressiv, tödlich: Dem grassierenden Darmkeim HUSEC041 werden nicht besonders schmeichelhafte Attribute zugeschrieben. „Dieser Keim hat alle heimtückischen Eigenschaften, um sich im Darm zu verhaften, ihn maximal zu entzünden, und er produziert zusätzlich Gifte, die HUS und die schweren neurologischen Nebenwirkungen verursachen“, sagte der Direktor der Kieler Klinik für Innere Medizin, Stefan Schreiber. HUS steht für das hämolytisch-urämische Syndrom, eine besonders schwere Verlaufsform.
„Wir müssen uns mehr in diesen Keim hereindenken“, betont Helge Karch vom Universitätsklinikum Münster. Brennende Fragen für den Darmkeimexperten sind nun, ob der Mensch Hauptüberträger ist oder auch Tiere wie Rinder ihn mit ihren Ausscheidungen übertragen.
Fest steht, dass der Erreger Eigenschaften von seltenen und „klassischen“ Keimen vereint. Die Experten sprechen von Chimären. Zusammen kommen Charakteristika typischer Ehec-Erreger vergangener Ausbrüche, aber auch von sogenannten enteroaggregativen E.coli-Bakterien, die blutige Darmdurchfälle verursachen.
Laut Karch fehlen dem aktuellen Stamm Erbgutmerkmale, die sonst für Ehec typisch sind. Der aktuelle Stamm besitze dafür beispielsweise ein „Panel von Fimbrien“, haarähnliche Gebilde auf den Bakterien, wodurch er besonders gut hafte. Dazu kommen die neuen Resistenzen gegen Antibiotika. HUSEC041 reiht sich in die Gruppe von Bakterien ein, die Penicillin oder Cephalosporine mit Hilfe von Enzymen ausschalten. Diese Darmkeime sorgen seit einigen Jahren in Krankenhäusern zunehmend für Ärger.
In den kommenden Tagen will Karch unter anderem überprüfen, ob die isolierten Darmkeime besonders viel Gift ausschütten, wenn sie mit Antibiotika getötet werden.
Bislang wurden diese Medikamente bei der Behandlung von Ehec-Patienten zurückhaltend eingesetzt. Die Möglichkeit einer Antibiotikatherapie sei auch wichtig, wenn sich der Mensch als Hauptüberträger herausstellen würde, sagt Karch. „Wir müssen den Keim ja auch irgendwie wieder los werden.“