Diabetes — die unentdeckte Gefahr
Die Zuckerkrankheit ist eines der häufigsten Volksleiden, dabei ist Vorbeugung einfach.
Düsseldorf. Sie ist so etwas wie die Seuche des 21. Jahrhunderts. Die sogenannte Zuckerkrankheit wird immer noch unterschätzt, denn sie verursacht keine direkten Schmerzen. Doch für viele Ärzte ist sie ein Killer — nicht nur in Deutschland.
Selbst arme Länder wie Malawi kämpfen mittlerweile vergeblich dagegen an. Bereits heute ist in Deutschland fast jeder Dritte über 70-Jährige Diabetiker. Und: Viele Menschen sind zuckerkrank, ohne es zu wissen. Die Schätzungen schwanken zwischen 1,8 und drei Millionen Menschen in Deutschland.
Die Ursachen sind klar — allerdings nur auf den ersten Blick. Ungesunde Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel sind die wichtigsten Faktoren. Nach Angaben von Prof. Michael Roden, Direktor des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) und der Klinik für Stoffwechselkrankheiten am Uniklinikum Düsseldorf, belegen aktuelle Studien, dass sich die Krankheit bei einer kurzen Dauer durch frühzeitige Lebensstiländerung zurückbilden kann. Vorbeugen kann also jeder — durch eine ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung.
Darauf reagiere der Stoffwechsel innerhalb weniger Tage positiv, sagt Prof. Stephan Martin, Chefarzt für Diabetologie des Verbundes der Katholischen Kliniken Düsseldorf (VKKD) und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ).
Er rät zu mediterraner Kost mit Gemüse, Salat, Fisch, Vollkornprodukten, Olivenöl, Nüssen. Alkohol oder Süßigkeiten seien ab und zu erlaubt: „Alles in Maßen.“ Bei einer Änderung des Lebensstils sei es oft nicht mehr nötig, Insulin zu spritzen oder Tabletten zu nehmen.
Aber eine mangelnde Insulinwirkung, sagt Dr. Bettina Nowotny, Leiterin des Klinischen Studienzentrums am DDZ, sei nicht allein durch ein hohes Körpergewicht oder schlechte Blutzuckereinstellung bedingt, das zeige auch die Deutsche Diabetes-Studie am DDZ zu den Spätfolgen der Krankheit. Es scheinen weitere Aspekte eine Rolle zu spielen, zum Beispiel auch die Verbindung von Lebensstil und individuellem genetischen Hintergrund.
Das Problem dabei: Diabetes ist eine komplexe Stoffwechselerkrankung, und welche biologischen Mechanismen dabei genau ablaufen, wird derzeit noch erforscht. Das Fettgewebe ist nicht nur Energiespeicher, es ist auch eines der größten endokrinen Organe, gibt also Hormone in den Blutkreislauf ab. Es setzt Proteine frei, über die es mit anderen Organen wie Leber und Skelettmuskel kommuniziert (Organ-Crosstalk genannt).
Veränderungen etwa durch Übergewicht stören diese Kommunikation und können an der Entstehung von krankhaftem Übergewicht (Adipositas) und Diabetes mellitus entscheidend beteiligt sein.
Immerhin, sagt Roden, „lassen sich Sonderformen des Diabetes bereits heute heilen.“ Auch die häufigste Form, der Typ-2-Diabetes, könnte zukünftig vielleicht heilbar sein. Genetische und bioanalytische Tests zur Vorhersage könnten in mehreren Jahren möglich sein, glaubt die Deutsche Diabetes Gesellschaft. Erste Stoffwechselstörungen aufzudecken, bevor der Blutzucker auf Dauer ansteigt und der Typ-2-Diabetes zu Schäden führt, daran arbeiten die Forscher.
Prof. Mathias Faßhauer vom Universitätsklinikum Leipzig rät Übergewichtigen, das Gewicht zu halten und durch mehr Bewegung die Lebensqualität zu steigern. Das sei wichtiger als abzunehmen. Jo-Jo-Effekte seien „richtig ungesund“.