Laufen im Winter: Abenteuer in der Kälte
Stefan Weigelt erklärt, dass Laufen auch im Winter guttut — und gibt Tipps für Kleidung, Training und die Laufstrecke.
Dortmund. Viele Läufer pausieren im Winter: zu kalt, zu nass, zu dunkel. Dafür gibt es aber keinen Grund, findet Lauf-Experte Dr. Stefan Weigelt. Der Schwerter ist Teamchef der Ultralauf-Nationalmannschaft und spricht im Interview über Motivation, Erfrierungen und Hörspiele.
Herr Weigelt, gibt es irgendeine Ausrede, im Winter nicht laufen zu gehen?
Stefan Weigelt: Auf gar keinen Fall. Weder ambitionierte Läufer noch Gesundheitsläufer sollten im Winter pausieren. Gerade dann kann man besonders viel Grundlagenausdauer aufbauen. Ich bin auch schon im Tiefschnee gelaufen.
Und das war nicht zu kalt?
Weigelt: Im Schnee laufen ist doch ganz witzig. Und so richtige Frosteinbrüche haben wir ja selten. Aber jenseits von minus zehn Grad sollte man dann doch zu Hause bleiben. Ich habe mir bei einem Marathon in den Alpen bei minus 20 Grad mal Erfrierungen geholt.
Wie sollte denn das Training aussehen?
Weigelt: Lange ruhige Läufe schulen die Ausdauer für die kommende Laufsaison. Man darf den Winter aber auch nicht verschlafen und in einen Schlappschritt verfallen. Ab und zu können Sportler einen schnelleren Volkslauf, etwa einen Silvesterlauf, mitmachen. Im Januar und Februar bietet sich auch für Laien ein Crosslauf durch das Gelände an — für die richtige Würze. Das ist ein richtiges Abenteuer. Ambitionierte Läufer sollten sich aber an ihren Jahresplan halten. Der Winter ist generell Regenerationszeit.
Was sollten Läufer im Winter denn anziehen?
Weigelt: Es gilt das altbewährte Zwiebelprinzip. Man sollte es auf keinen Fall übertreiben. Tendenziell ziehen sich Menschen eher zu viel an. Beim Laufen wird es schon noch warm. Ich würde aber immer mit Handschuhen und Mütze laufen — besonders, wenn man zu Erkältungen neigt.
Viele Läufer haben ja Angst, sich im Winter zu erkälten. . .
Weigelt: Gegen die kalte Luft beim Atmen hilft ein Schal vor dem Mund. Generell sind sich Experten einig: Man darf sogar bei einer leichten Erkältung joggen — natürlich langsam und weniger lange Strecken. Aber das Training erwärmt, und es gibt keinen besseren Schleimlöser. Natürlich darf man bei schlimmen Infekten nicht trainieren.
Zurück zur Ausrüstung: Brauchen Läufer im Winter spezielle Schuhe?
Weigelt: Man muss sich auf Nässe und Matsch einstellen. Schuhe mit einem griffigen Profil etwa Trailschuhe sind deshalb wichtig. Ich bin selbst schon hingeflogen. (lacht)
Und was halten Sie von den Stirnlampen?
Weigelt: Das ist Geschmackssache. Ich sehe im Dunkeln ganz gut. Aber in puncto Sicherheit ist reflektierende Kleidung sehr wichtig, damit man gesehen wird. Zwei Bekannte von mir wurden beim Laufen von einem Auto erwischt und sind jetzt behindert.
Wo sollte man denn am besten im Winter laufen?
Weigelt: Es ist verlockend, auf der Straße zu laufen, weil sie ebener ist als der Bürgersteig, aber Autofahrer sehen Läufer wirklich schlecht. Deshalb sollten Läufer die Straße meiden. Generell wird die Bedeutung der Strecke oft unterschätzt. Meine liegt an einem Hang. Da bleibe ich von der Witterung verschont, selbst wenn es windig ist und regnet. Außerdem sollte man häufiger mal die Strecken variieren, da lernt man ganz neue Orte kennen. Das finde ich spannend.
Wie motivieren Sie sich noch?
Weigelt: Als ich richtig aktiv war, hat es mich motiviert, für die Deutschen Meisterschaften im März zu trainieren. Inzwischen ziehe ich mir die Stöpsel an und höre beim Laufen Musik und vor allem Hörbücher. Die höre ich dann nur beim Laufen. Das motiviert, weil ich ja wissen will, wie die Geschichte weitergeht. (lacht) Man muss sich darüber im Klaren sein, was einem das Training bringt und warum man es auf sich nimmt.
Was sollte man vermeiden?
Weigelt: Man sollte direkt nach der Arbeit laufen gehen, ohne es sich zu Hause gemütlich zu machen. Wenn man nämlich aus dem Wohnzimmer rausschaut, kommt es einem draußen noch viel dunkler und kälter vor.
Und wenn man partout nicht nach draußen will. . .
Weigelt: Als Alternativtraining bietet sich Skigymnastik oder stabilisierendes Krafttraining an. Aber auch das Laufband ist eine Möglichkeit. Man kann Programme mit Tempovarianten wählen. Das ist dann gar nicht so stupide, wie man fürchtet.