Andere Länder, andere Hochzeitssitten

Berlin (dpa/tmn) - Egal wie modern, gleichberechtigt und individuell - am Tag der Hochzeit besinnen sich Paare doch auf den ein oder anderen alten Brauch. Und das schon seit Jahrhunderten und in allen Kulturen, oft sogar nach ähnlichen Strukturen und Symbolik.

Für viele steht es außer Frage: Brautstrauß, Torte und Blumenmädchen müssen schon sein, wenn man den Bund fürs Leben schließt. Und gemeinsam fahren die Brautleute nur selten zu Standesamt, Kirche oder Zeremonienhaus. Etwas altertümlich muten solche Rituale an. Das sind sie auch, sagt Religionswissenschaftlerin Angelika-Benedicta Hirsch aus Berlin.

„Die Hochzeit ist und war in allen Kulturen ein Übergangsritual, das nach sehr ähnlichen Strukturen begangen wird und ähnliche Symbole verwendet“, erklärt sie. Diese Symbole thematisieren eine der drei Phasen der Hochzeit - Abtrennung, Übergang und Angliederung -, oder stehen für Glück, Fruchtbarkeit und Reichtum. Außerdem machen Bräuche den Tag zu etwas Besonderem: „Ohne diese Riten würde sich eine Hochzeit ja gar nicht von einem Sommerfest oder runden Geburtstag unterscheiden“, sagt der Berliner Hochzeitsplaner Froonck Matthée. Ein Überblick der Bräuche von hier und anderswo:

Das Strumpfband ist in vielen europäischen Ländern und den USA beliebt. In Frankreich zieht die Braut umringt von den männlichen Gästen langsam ihren Rock hoch, während diese Geld bieten. Ist das Band zu sehen, erhält es der Höchstbietende. In England wird es in die Menge der Männer geworfen. „Manchmal muss der Bräutigam es seiner Braut mit den Zähnen von dem Bein abstreifen“, sagt Froonck Matthée.

Geld und Geschenke sind in jeder Kultur wichtig. In der Türkei und in Griechenland werden der Braut die Geld- und Goldgeschenke direkt ans Kleid geheftet. Beim „Dollar-Dance“ in den USA tanzt das Brautpaar über eine gewisse Zeit nur gegen Bares.

„Wenn der Bräutigam den Schleier lüftet, ist es zum einen ein Zeichen dafür, dass die unverheiratete Frau nun zur verheirateten Frau wird“, erklärt Hirsch einen weiteren Brauch. Er soll aber auch ein Schutz vor den Blicken der bösen Dämonen und anderen Frauen sein, die an diesem Tage gefährlich werden können. Die Blumenkinder und Brautjungfern, die etwa in den USA, ähnlich pompös gekleidet sind wie die Braut, sollen Dämonen ebenfalls ablenken. In Österreich soll ein Stück falschherum angezogener Unterwäsche die Geister verwirren.

Der Brautvater führt häufig die Braut vor den Altar. „Dieses Ritual stammt noch aus dem alten Griechenland und passt eigentlich gar nicht mehr in unsere heutige Zeit“, findet Hirsch. Denn damals habe die Frau weniger Rechte gehabt und wurde damit von dem Vater an den zukünftigen Mann übergeben. In der Türkei muss der Bräutigam die Braut vor der Hochzeit bei dem Brautvater mit kleinen Reichtümern auslösen, schließlich geht diesem eine Arbeitskraft verloren. „Anschließend schneidet der Bräutigam an der Braut ein rotes Taillenband durch, womit die Übergabe besiegelt ist“, weiß Matthée.

Auch der gemeinsame Anschnitt der Torte bedeutet etwas: „Wer die Hand am Messer über der des anderen hält, hat auch in der Ehe das Sagen“, erklärt Friederike Mauritz, Vorsitzende des Bundes Deutscher Hochzeitsplaner. Zugleich richten sich die Augen der Gäste auf diesen Akt, um zu erkennen, wie das Paar gemeinsame Aufgaben bewältigt.

Das Brautpaar hat einen Ehrenplatz: „In Russland wird das Brautpaar beispielsweise auf Stühlen durch die Menge getragen“, erzählt Matthée. Im Libanon stellt sich die Gesellschaft mit Kerzen in den Händen um das Paar, das in der Mitte füreinander tanzt. „Das symbolisiert noch das Werben umeinander und ist sehr stimmungsvoll.“

Kindersegen wird ebenfalls in vielen Kulturen gewünscht: In Indien wird dem Paar ein Kind auf den Schoß gesetzt. In Deutschland stehen Blumenkinder sowie Reis und Getreide, die über das Paar geworfen werden, für Nachwuchs. In England soll die Braut nach der Hochzeit vier Wochen lang Honigwein für die Fruchtbarkeit trinken. Daher stammt auch der Begriff „honeymoon“ für die Flitterwochen.

Literatur:

Angelika-Benedicta Hirsch: Warum die Frau den Hut aufhatte. Kleine Kulturgeschichte des Hochzeitsrituals. Vandenhoeck & Ruprecht. 195 S. Euro 19,95, ISBN: 978-352-5604373.